Samstag, 27. August 2016

202. Akt

Wenn man deinen Blog liest, könnte man meinen, dein Leben spielt sich nur zwischen Altglascontainer, roten Teppichen und Tengelmann ab.“
Na, das ist ja mal ein drolliger Vorwurf, denk ich mir.
Natürlich ist das nicht ganz richtig, obwohl die Strecke zwischen Tengelmann und rotem Teppich durchaus erlebnisreich sein kann. Ich halte mich selbstverständlich auch an Orten auf, über die ich hier nicht schreibe. Genauso, wie ich Dinge tue, auf die ich hier nicht eingehe. Sonst würde ich nämlich mittwochs das Bundesverdienstkreuz und freitags irgendeine längere Haftstrafe bekommen. Oder auch mal umgekehrt.
Und in der Tat. Heute bin ich wieder beim: Tadaaaaaaa! Altpapier-/Altglascontainer. Ich räume hurtig und geschwind meinen gepunkteten Hackenporsche aus, dessen Nutzung meine Tochter bis zum achtzigsten Lebensjahr verweigern wird. Sagt sie zumindest. Ich finde das Ding praktisch. Es rollt brav hinter mir her und hat keine Ambitionen eigene Wege zu gehen.
Kaum ist die letzte Flasche und die letzte Zeitung unterirdisch verschwunden, will ich noch rasch zum. Ähem... genau! Zum Tengelmann um alles Lebensnotwendige für die nächsten 48 Stunden einzukaufen. Ich schlendere fröhlich los und werde bereits nach zehn Metern etwas langsamer. Also... wenn ich einkaufen will, dann geben die mir das Zeug ja nicht für ein Lächeln mit. Ich werde ein wenig schwitzig im Nacken.
Wo ist eigentlich mein Portemonnaie???“
Hab ich den Geldbeutel nicht als allererstes, also VOR dem Altpapier in den Korb geschmissen? Oder gar zwischen Altpapier und Altglas?
In meinem Einkaufstrolley muss ich nicht lange suchen. Gähnende Leere. Nix drin, außer einem alten Kassenbon, den ich langsamen Schrittes wieder zurück zum Altpapiercontainer bringe.
Mit dem Kopf kommt man nicht wirklich weit rein, um zu schauen, ob da ne dunkelrote Brieftasche drin liegt. Der Gedanke, mit einem Streichholz für ein bisschen Licht da unten zu sorgen rutscht mir glücklicherweise gleich wieder aus dem Hirn. Was, wenn ich das Teil ebenso hurtig und schwungvoll, wie die ganzen Werbeprospekte gemeinsam mit einer Zeitung entsorgt habe? Alle Kreditkarten, Ausweis, Führerschein, Presseausweis und die Kinderfotos weg?
Aaaaarghhhh!!!! Die Kinderfotos??? Ich linse ein weiteres Mal tief in den weit unten liegenden Papiermüll. Einen Herrn, der mit seinem Altpapier ebenfalls zur Tonne kommt, dränge ich mit entsetztem und giftigem Blick einen Container weiter. Ich tippel von einem Fuß auf den anderen.
Einkaufen macht ja in Abwesenheit finanzieller Mittel keinen Sinn. Dementsprechend laufe ich, gefolgt von dem kleinen Rollwagen erst mal wieder nach Hause. Wo kriegt man, im Falle eines Falles, alle Dokumente wieder her? Also nach Möglichkeit ohne begleitenden Nervenzusammenbruch?
Ich suche meinen Schlüssel. Nein! Nicht der auch noch. Jetzt wird die Manu aber mal ein bisschen panisch. So lange, bis ich meinen Bastkorb an meiner Schulter entdecke. Nee, ne? Tja... da findet sich auch der Hausschlüssel. Er kuschelt mit dem Portemonnaie. Still und leise, die ganze Zeit an meiner Seite. Kein Abstieg in den Altpapiercontainer nötig. Ich schüttel mit dem Kopf. Manchmal erfülle ich innerlich jeden Blondinen-Witz.
Ich drehe mich auf dem nicht vorhandenem Absatz meiner Sneaker wieder um und latsche los. Okay, die Einkaufsliste hab ich wohl tatsächlich vorhin am Container entsorgt. Aber so grob weiß ich ja was ich brauche.

Eier, Mehl, Honig, Brot, Hirn und Konzentration. Ja. Genau. Und davon eine ganze Menge. 

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