202. Akt
„Wenn man deinen Blog liest,
könnte man meinen, dein Leben spielt sich nur zwischen
Altglascontainer, roten Teppichen und Tengelmann ab.“
Na, das ist ja mal ein drolliger
Vorwurf, denk ich mir.
Natürlich ist das nicht ganz
richtig, obwohl die Strecke zwischen Tengelmann und rotem Teppich
durchaus erlebnisreich sein kann. Ich halte mich selbstverständlich
auch an Orten auf, über die ich hier nicht schreibe. Genauso, wie
ich Dinge tue, auf die ich hier nicht eingehe. Sonst würde ich
nämlich mittwochs das Bundesverdienstkreuz und freitags irgendeine
längere Haftstrafe bekommen. Oder auch mal umgekehrt.
Und in der Tat. Heute bin ich
wieder beim: Tadaaaaaaa! Altpapier-/Altglascontainer. Ich räume
hurtig und geschwind meinen gepunkteten Hackenporsche aus, dessen
Nutzung meine Tochter bis zum achtzigsten Lebensjahr verweigern wird.
Sagt sie zumindest. Ich finde das Ding praktisch. Es rollt brav
hinter mir her und hat keine Ambitionen eigene Wege zu gehen.
Kaum ist die letzte Flasche und
die letzte Zeitung unterirdisch verschwunden, will ich noch rasch
zum. Ähem... genau! Zum Tengelmann um alles Lebensnotwendige für
die nächsten 48 Stunden einzukaufen. Ich schlendere fröhlich los
und werde bereits nach zehn Metern etwas langsamer. Also... wenn ich
einkaufen will, dann geben die mir das Zeug ja nicht für ein Lächeln
mit. Ich werde ein wenig schwitzig im Nacken.
„Wo ist eigentlich mein
Portemonnaie???“
Hab ich den Geldbeutel nicht als
allererstes, also VOR dem Altpapier in den Korb geschmissen? Oder gar
zwischen Altpapier und Altglas?
In meinem Einkaufstrolley muss
ich nicht lange suchen. Gähnende Leere. Nix drin, außer einem alten
Kassenbon, den ich langsamen Schrittes wieder zurück zum
Altpapiercontainer bringe.
Mit dem Kopf kommt man nicht
wirklich weit rein, um zu schauen, ob da ne dunkelrote Brieftasche
drin liegt. Der Gedanke, mit einem Streichholz für ein bisschen
Licht da unten zu sorgen rutscht mir glücklicherweise gleich wieder
aus dem Hirn. Was, wenn ich das Teil ebenso hurtig und schwungvoll,
wie die ganzen Werbeprospekte gemeinsam mit einer Zeitung entsorgt
habe? Alle Kreditkarten, Ausweis, Führerschein, Presseausweis und
die Kinderfotos weg?
Aaaaarghhhh!!!! Die
Kinderfotos??? Ich linse ein weiteres Mal tief in den weit unten
liegenden Papiermüll. Einen Herrn, der mit seinem Altpapier
ebenfalls zur Tonne kommt, dränge ich mit entsetztem und giftigem
Blick einen Container weiter. Ich tippel von einem Fuß auf den
anderen.
Einkaufen macht ja in
Abwesenheit finanzieller Mittel keinen Sinn. Dementsprechend laufe
ich, gefolgt von dem kleinen Rollwagen erst mal wieder nach Hause. Wo
kriegt man, im Falle eines Falles, alle Dokumente wieder her? Also
nach Möglichkeit ohne begleitenden Nervenzusammenbruch?
Ich suche meinen Schlüssel.
Nein! Nicht der auch noch. Jetzt wird die Manu aber mal ein bisschen
panisch. So lange, bis ich meinen Bastkorb an meiner Schulter
entdecke. Nee, ne? Tja... da findet sich auch der Hausschlüssel. Er
kuschelt mit dem Portemonnaie. Still und leise, die ganze Zeit an
meiner Seite. Kein Abstieg in den Altpapiercontainer nötig. Ich
schüttel mit dem Kopf. Manchmal erfülle ich innerlich jeden
Blondinen-Witz.
Ich drehe mich auf dem nicht
vorhandenem Absatz meiner Sneaker wieder um und latsche los. Okay,
die Einkaufsliste hab ich wohl tatsächlich vorhin am Container
entsorgt. Aber so grob weiß ich ja was ich brauche.
Eier, Mehl, Honig, Brot, Hirn
und Konzentration. Ja. Genau. Und davon eine ganze Menge.
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