200. Akt
Ich bin zum Grillen eingeladen.
Der Gastgeber wohnt im sechsten Stock einer ziemlich schnieken
Wohngegend in der Münchner Innenstadt. Die mangelnde
Mann-Frau-Kompatibilität hat uns im Laufe der letzten Jahre zu guten
Freunden werden lassen und nun sitzen circa sechs Personen auf dem
Balkon mit Blick bis zu den Bergen.
Alles toll. Bis auf die
Tatsache, dass meine Höhenangst mich ein bisschen verkrampft lächeln
lässt. Also zumindest wenn ich da runter schaue. Auf dem Grill
rösten geradezu höchst formidable „Fisch-auf-Gemüse-und
Kräuter“-Alupakete und ich bin gespannt, wie sich das ganze auf
den Tellern machen wird.
Immer wieder beugt sich der
Gastgeber über das Balkongeländer, um den Gästen irgendwas zu
zeigen. Mich macht das nervös. Zum einen ist er gute 1,90m groß und
der Schwerpunkt ist somit etwas diffiziler, was das
übers-Geländer-Beugen angeht. Zum anderen ist das Gerät hinter mir
ein Gasgrill.
Wenn der Gute da nun
runterfällt, weiß doch keiner mehr, wie man das Ding zu bedienen
hat.
Mich jetzt alle fünf Minuten an
sein Beinkleid zu schmeißen, um für einen gewichtsmäßigen
Ausgleich zu sorgen, ist mir dann aber doch zu peinlich.
Irgendwie habe ich für hohe
Balkone einfach viel zu viel Phantasie.
Ist nicht erst kürzlich ein
Balkon abgestürzt? Irgendwo in Berlin oder Frankfurt? Ich stelle mir
den Bericht in der Bildzeitung vor.
„Prominente Freundesgang in
München sechs Stockwerke abgestürzt. Alle tot. Grill kaputt.
Gemüse-Fisch traurig auf dem Pflaster zerschollen.“
Ich sollte das mit dem Wein
lassen. Lieber ein Wasser.
Ansonsten treibe ich in meiner
Sorge noch alle in das Innere der Wohnung und fordere zum ablenkenden
Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel auf.
Als die Fischpakete auf den
Tellern verteilt werden, bin ich schon mal froh. Wenn es hier kracht,
dann sind wir wenigstens alle satt. Und so lecker, wie das Zeug
zubereitet ist, fallen wir alle mit einem zufriedenen Grinsen im
Gesicht.
Ähem... ich nehm dann mal meinen Teller und esse drinnen. Dann kann wenigstens einer der Presse erzählen, wie es war, als sich der Balkon aus der Verankerung gelöst hat. Aber aufessen werde ich trotzdem vorher.
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