180. Akt
Es gibt Dinge, die kann man
mancherorts machen. An anderen Plätzen sollte man tunlichst darauf
verzichten. Absolut! Ganz und gar! Zu hundert Prozent!
Ich meine nicht das
Sonnenbaden, nackig am FKK Platz, was dort völlig normal ist,
anderorts aber nicht gerne gesehen wird.
Nein. Viel banaler. Es geht um
das Abkürzen von Wegen.
Während man Zuhause so manchen
Schleichweg kennt, der einen schneller oder unentdeckt ans Ziel
bringt, schließt sich das woanders möglicherweise komplett aus. In
Städten, die am Reißbrett entstanden sind, also in etwa Mannheim,
Manhattan und Mexico City ist Abkürzen möglich. Zweite links,
dritte rechts. Schon ist man da. Alles easy.
Aber versuche nie, nie, nie
einen Weg abzukürzen, wenn du in Venedig bist.
Nachdem ich dort ja regelmäßig
Zeit verbringe, denke ich mir:
„Alles Quatsch! Ich kenne die
Richtung und steige zur Unterhaltung mal eine Station früher aus dem
Taxiboot.“
Von dort aus will ich dann zu
meinem Hotel laufen.
So, wie bei allen meinen Büchern
gehe ich nämlich in der Phase der Fertigstellung für ein paar Tage
in ein Hotel und verbringe dort nur Zeit mit mir, einer Flasche Wein
und meinem Manuskript. Bei Büchern, die volle Aufmerksamkeit
brauchen, nehme ich ein Hotel, das mich nicht ablenkt. Bei
Kurzgeschichten gerne eines, wo ich ein klitzekleines bisschen
Zerstreuung finde.
Bei der „Fall A.“ zum
Beispiel, saß ich vier Tag in einem schrabbeligen Motel One Hotel im
Frankfurter Industriegebiet. Vorne nix. Hinten Autobahn und das
Fenster, aufgrund einer Baustelle auch noch mit Folie verklebt. Ja,
da kann man sich schon auf das Wesentliche konzentrieren.
Für „33 Grausamkeiten II –
(Alp-)Träume für Jedermann“ sollte es nun ein Hotelchen mitten in
Venedig sein.
Wie gesagt, ich steige eine
Station früher aus und laufe los. Aber irgendwie scheinen die in der
Zwischenzeit alle Brücken, Wege und Orientierungspunkte völlig neu
zusammengewürfelt zu haben.
Ständig komme ich irgendwo
raus, wo ich schon war oder ganz sicher nicht hinwill. Einfach einen
Taxifahrer fragen, geht ja auch nicht. Ist schließlich Venedig und
nicht Wuppertal.
Nach einiger Zeit meldet der
Schrittzähler auf meinem Handy, dass ich bald einen neuen Rekord
erreicht habe.
Na super. Bei dreißig Grad. Im
Kleid. Mit meine Trolley, der hinter mir hereiert.
Das Navi auf meinem Handy
informiert mich auch immer nur auf offenen Plätzen, dass ich mein
Ziel so gerade eben um wenige hundert Meter verfehlt habe. In den
Gassen hängt es sich gnadenlos auf.
Als ich schon frustriert einem
Gondoliere beim nächsten „o sole mio“ mein Handy an den Kopf
schmeißen will, stelle ich fest, dass ich angekommen bin. Yepp. Das
ist mein Hotel. Nur von hinten. Damit ich keine weiteren Fehler mache
und mich nicht wieder versehentlich davon entferne, laufe ich nun
immer an der Wand lang. Zwei Minuten später stehe ich an der
Rezeption.
Tschakkaaaaaaaa! Her mit dem Vino. Die Arbeit beginnt.
Tschakkaaaaaaaa! Her mit dem Vino. Die Arbeit beginnt.
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