Samstag, 6. August 2016

181. Akt

Der Flug war kurz und wurde dennoch gänzlich von mir verpennt. Die Nacht zuvor habe ich kein Auge zugetan. Es gibt einfach Zeiten, da steht das Leben Kopf und strampelt mit den Beinen. Und da kann ich halt nicht schlafen.
Jetzt sitze ich im Zug. Und weil das Dösen im Flieger schon so entspannend war, döse ich eben weiter.
Als ich an einer Haltestelle die Augen öffne, sehe ich wie sich ein Paar zwei Reihen vor mir hinsetzt. Die Frau hat graublonde Locken, ein irre lebensfrohes und sympathisches Gesicht und kommt mir irgendwie bekannt vor.
Wenige Minuten später steht sie auf und kommt zu mir rüber.
Manuela Adofo?“ Sie lächelt.
Äh, ja... vor der ewigen Heiraterei war das wohl so.“
Sie nennt ihren Namen und lässt sich neben mir in den Sitz fallen. Was dann folgt ist Zeitmaschine deluxe.
Wir waren in der Mittelstufe des Gymnasiums miteinander bekannt. Sie erzählt mir von gemeinsamen Joggen im Park, Mädchengesprächen, meinen Eltern und ein bisschen mehr. An keiner Stelle kommt bei mir das „oh mein Gott, ich war froh, dass ich´s vergessen hatte“-Gefühl auf.
Sie ist jetzt Dr. med. und irgendwie sind wir beide wieder fünfzehn.
Nach einiger Zeit setzt sie sich wieder nach vorne zu ihrem Mann. Ich google sie ein bisschen, um noch mehr Erinnerungen zu erlangen, aber leider kann ich nur wenig finden.
Als ich aussteige, möchte ich nicht weiter stören, aber sie springt auf kommt noch Mal zu mir gelaufen, umarmt mich und gibt mir ihre Visitenkarte. „Man weiß nie wozu es gut ist.“ sagt sie. Und recht hat sie. Denn auf Facebook ist sie nicht. Ich gebe ihr meine, umarme zurück und steige aus.
Fühlt sich ein bisschen nostalgisch an. Aber gut. Nochmal kurz Teenager gewesen zu sein, hat was. Aber jetzt bin ich wieder lässige Ü 40. Und das Leben geht weiter.

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