Mittwoch, 10. August 2016

185. Akt

An der Tankstelle. Ich muss warten, damit ich endlich mit meiner Schleuder an die Zapfsäule komme. Vor mir betankt gerade ein Herr seinen alten Benz mit einer Pipette. So fühlt es sich jedenfalls zeitlich an.
Auf der anderen Seite sehe ich, wie eine Dame zwei Ölflaschen aus dem Laden schleppt.
Cool, denke ich. Motorhaube ist schon oben, selbst ist die Frau. Ihren desolaten Blick schiebe ich auf andere Gründe.
Sie öffnet die Behältnisse und schüttet beide Flaschen in ihren Wagen. Dann schaut sie sich um. Den Blick kenne ich. Normalerweise kommt dann jemand angelaufen und fragt, ob er helfen kann. In diesem speziellen Falle allerdings nicht.
Opi vor mir denkt gerade nach, ob sein Tank mit Tankdeckel oder ohne besser aussieht. Und er denkt langsam. Dann beschließt er offensichtlich doch das schwarze Teil draufzuschrauben. Nun klettert er wieder in den Wagen, um seine Brieftasche zu suchen. In der Zwischenzeit schleppt die Dame mit dem fragenden Blick weitere zwei (!) Ölkannen aus dem Laden und entleert selbige in ihren Wagen. Nun werde ich aber nervös.
Da Opi sich vermutlich nicht entscheiden kann, ob er seinen Enkeln vielleicht noch eine Zapfsäule mitbringen soll, steige ich aus und gehe zögerlich zu dem VW auf der anderen Seite. Eigentlich will ich fragen, ob ich helfen kann, aber das ist dann doch nicht mehr nötig.
Ich bin ja selber ein Vollpfosten, wenn es um automechanische Dinge geht, aber so was habe ich noch nicht geschafft.
Madame hat das gesammelte Öl in den Wassertank gefüllt. Den Wassertank für die Scheibenwaschanlage.
Als ich sie darauf aufmerksam machen möchte, ranzt sie mich an, dass ich mich um meinen eigenen Kehricht kümmern solle. Sie wisse genau, dass das richtig war. Ihr Mann würde dort auch immer das Öl einfüllen.
Schön, schön, denke ich. Dann ist ihr Mann entweder ein Vollidiot oder er hat sie mal ordentlich verscheißert oder er legt keinen ernsthaften Wert darauf, dass seine Frau eine freie Sicht hat.
Aber da die Dame sich ja so sicher ist, bei dem was sie tut, gehe ich leise pfeifend zurück zu meinem Wagen. Opi hat mittlerweile auch das Zündschloss wiedergefunden. War wohl direkt am Lenkrad. Jetzt kann ich tanken. Als ich fertig bin höre ich dem Gespräch zwischen Tankwart und Öl-falsch-Befüllerin schon gar nicht mehr zu. Ich setze mich rein und fahre los. Und ich grinse in den Rückspiegel. Nicht auszudenken, wie so ein Scheibenwischer wohl rumglitscht, wenn da keine Wasser-Alkohol-Lösung aus den Düsen kommt, sondern Öl. Na ja. Sie hat Recht. Geht mich nix an.


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