179. Akt
Mal wieder im Flieger. Ich
sitze wie immer am Fenster. Die Maschine ist dreiviertel voll
und auf dem Gangplatz sitzt eine Frau in meinem Alter.
Als sie sich hingesetzt hat, hat
sie mich noch nett gegrüßt. Jetzt schaut sie immer nur noch kurz
hoch und zu mir rüber.
Flugangst. Diagnostiziere ich.
Kenn ich. Hatte ich auch mal ein paar Jahre. Meine Tabletten biete
ich ihr aber nicht an. Zum einen reagieren Menschen manchmal recht
eigenartig, wenn man ihnen Beruhigungsmittel anbietet, und zum anderen,
hab ich gar keine dabei.
Ich sitze auf meinem Sitz und
probiere ein mobiles Akku -Ladegerät anzuschließen. Meine
Tochter hat mir das Ding mitgegeben. Mein Samsung pfeift Akku
-technisch nämlich auf dem letzten Loch.
Sieht ganz schnieke aus, das
Teil.
Schwarz, vielleicht zehn bis
zwölf Zentimeter lang. Mipow power tube heißt es. Man zieht die
schwarze Kappe ab, dann erscheint der Handyanschluss. Der wird ins
Handy gesteckt. Dann noch feste mit dem Daumen auf "an",
und schon wird das Handy geladen. Eigentlich.
Ich allerdings sitze da und
fluche leise vor mich hin.
Dieses dämliche Teil verweigert
nämlich hartnäckig die Kontaktaufnahme mit meinem Handy. Irgendwann
steckt es dann ordentlich.
"Gott sei Dank " sag
ich und lächle die Frau am Gangplatz an.
Sie lächelt nicht zurück,
sondern schaut mich nur mit großen Augen an. Sie wirkt extrem
nervös.
Und - na ja ... nervöse
Flugpassagiere machen dann auch wieder mich nervös.
Sie trägt keinen Rucksack und
wirkt nicht, als sei sie in böser Mission unterwegs. Aber
nervös ist sie, als wollte sie gleich die Maschine entführen.
Mir ist das sehr unangenehm. Nochmal ansprechen will ich sie aber
nicht.
Also mach ich weiter an meinem
Handy rum. Mit dem Daumen drücke ich mehrfach den "an"-Knopf.
"So ein Mist, das blöde
Teil funktioniert einfach nicht!" fluche ich leise.
Jetzt kommt Stimmung auf. Die
Gang-Dame schnallt sich hektisch ab und läuft hastig nach vorne.
"Hoffentlich nur Durchfall" denke ich mir. Auf eine Flugzeugentführung habe ich nun gar
keine Lust.
Aber nichts der gleichen. Eine
Flugbegleiterin UND ein Flugbegleiter kommen den Gang entlang
gelaufen. Ruhig. Ganz ruhig. Bis Reihe 25. Und da sitze ich.
Sie lächeln und fragen, ob bei
mir alles okay ist. Ich bestätige mein "okay-Sein". Dann
erkläre ich, dass ich mich gerade mit dem Akkuladegerät etwas
schwer tue und in Sorge bin, weil diese andere Passagieren ein
bisschen auffällig war.
Der Mann fragt, ob er mir mit
dem Gerät helfen kann. Ich reiche ihm Handy und Auflader. Er
zieht den Kontakt raus und steckt ihn wieder rein. Zack funktioniert
es. Dann sagen sie mir, dass die Frau Angst hatte, dass ich
hier mit irgendeinem Zünder hantiere. Nun lachen beide, und als ich
begreife, was da gerade passiert ist, muss ich auch lachen. Zumindest kurz.
Okay, warum sollten
Terroristinnen nicht im Sommerkleid im Flieger nach Italien sitzen und an der
Technik verzweifeln?
Die Frau hat sich übrigens
nicht wieder zurück gesetzt. Sie wählte einen anderen Platz. Und
ehrlich. Ein kleines bisschen kann ich das verstehen.
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