6. Akt
11.15 Uhr.
Das Gerüst wurde geliefert. Im Flur
sieht es aus, als hätte gerade jemand eine Abteilung bei Ikea
gesprengt. Der Anblick der ganzen Metallstangen und Ebenen irritiert
mich nicht. Was mich viel mehr verstört, ist die Art, wie Horst,
Bernhard, Mustafa und Dimitrij sich ansehen. Als säßen sie vor
einem 10.000 Teile Puzzle, das den Meeresspiegel abbildet. Ich gehe zurück ins
Wohnzimmer an meinen Computer. Und ich höre vor der geschlossenen
Wohnzimmertür Flüche in dreierlei Sprachen.
Ob ich vielleicht schon mal nach einer
Bauanleitung googeln soll??? Das Gerüst kommt von einer Fremdfirma.
So viel habe ich verstanden. Aber ich hoffe, dass sie es hinkriegen.
Sonst mach ich es eben selbst, wenn sie nachher Mittag machen.
12.30 Uhr
Das Gerüst sieht beinahe stabil aus.
Die eigenartigen Haken, liegen aber noch in der Ecke. Na ja... ich
hatte die Dinger für Sicherungsbolzen gehalten, aber wenn es auch so
geht – prima!
Ich denke, ich kann die Nummer vom
Notarzt jetzt aus meinem Kurzwahlspeicher entfernen.
Fast drei Stunden, eine Brotzeit und zwei
Liter Kaffee (Dimitrij wollte dann doch welchen) später.
Einige meiner Wände im
Obergeschoss liegen nackt und rein, wie der Maurer sie schuf, vor
mir. Der Putz hat sich in großen und kleinen Brocken und jeder Menge
Staub im ganzen Haus verteilt. So soll es sein. Die Wurst- und
Käsebrötchen, die ich ihnen mit Radieschen-Deko und Cocktailtomaten
kredenzt habe, wurden mit Freude empfangen. Ja, Jungs. Erzählt es
euren Kollegen und kommt morgen zu acht. Ich mach dann Brötchen für
alle. Meine Hoffnung wächst. Sie werden es schaffen. Vielleicht.
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