Dienstag, 16. Februar 2016

6. Akt

11.15 Uhr.
Das Gerüst wurde geliefert. Im Flur sieht es aus, als hätte gerade jemand eine Abteilung bei Ikea gesprengt. Der Anblick der ganzen Metallstangen und Ebenen irritiert mich nicht. Was mich viel mehr verstört, ist die Art, wie Horst, Bernhard, Mustafa und Dimitrij sich ansehen. Als säßen sie vor einem 10.000 Teile Puzzle, das den Meeresspiegel abbildet. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer an meinen Computer. Und ich höre vor der geschlossenen Wohnzimmertür Flüche in dreierlei Sprachen.
Ob ich vielleicht schon mal nach einer Bauanleitung googeln soll??? Das Gerüst kommt von einer Fremdfirma. So viel habe ich verstanden. Aber ich hoffe, dass sie es hinkriegen. Sonst mach ich es eben selbst, wenn sie nachher Mittag machen.

12.30 Uhr
Das Gerüst sieht beinahe stabil aus. Die eigenartigen Haken, liegen aber noch in der Ecke. Na ja... ich hatte die Dinger für Sicherungsbolzen gehalten, aber wenn es auch so geht – prima!
Ich denke, ich kann die Nummer vom Notarzt jetzt aus meinem Kurzwahlspeicher entfernen.

Fast drei Stunden, eine Brotzeit und zwei Liter Kaffee (Dimitrij wollte dann doch welchen) später.

Einige meiner Wände im Obergeschoss liegen nackt und rein, wie der Maurer sie schuf, vor mir. Der Putz hat sich in großen und kleinen Brocken und jeder Menge Staub im ganzen Haus verteilt. So soll es sein. Die Wurst- und Käsebrötchen, die ich ihnen mit Radieschen-Deko und Cocktailtomaten kredenzt habe, wurden mit Freude empfangen. Ja, Jungs. Erzählt es euren Kollegen und kommt morgen zu acht. Ich mach dann Brötchen für alle. Meine Hoffnung wächst. Sie werden es schaffen. Vielleicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen