Montag, 12. Dezember 2016

306. Akt 

Während mein Körper nach Entgiftung und Schlaf schreit, ruft mein Verantwortungsbewusstsein, dass ich heute Abend noch was zu tun habe. Der Kammerchor Cantus ad libitum hat ein Konzert. Meine Tochter gehört dazu und ich fotografiere die Veranstaltung. So wie fast jedes Mal. 
Vor ein paar Wochen habe ich den Chor mal versehentlich als Corpus et libido bezeichnet. Tochterkind hat ganz entsetzt geschaut. Tja, mein Lateinunterricht ist eben viel länger her als ihrer. Da macht man halt mal Fehler.
In einem älteren Blog habe ich mal geschrieben, als was für ein Megaschnittchen der Chorleiter bezeichnet wird und was für eine spürbare Leidenschaft er für die Musik hat. Darauf werde ich künftig verzichten. Alles, was verstanden wurde, ist "Megaschnittchen" und "Leidenschaft". Zu groß ist meine Sorge, dass irgendwelche Leserinnen versuchen, sich mit Klampfe in der Hand werbend unter seinem Schlafzimmerfenster zu versammeln. Wenn das eskaliert, möchte ich dafür nicht verantwortlich sein. 
Also sitze ich mit der Kamera in der Kirche und mache Fotos vom Konzert.. Die Stimmung ist gut und die Musik weihnachtlich wunderbar. Gänzlich unbesinnlich ist bloß der kleine Dorfdrachen in der Bank hinter mir. Sie beschwert sich über das Klicken meiner Kamera. Was soll´s? Leiser klicken kann ich nicht. Und malen kann ich die Bilder auch nicht. Sie motzt so lange, bis sich zwei anderen Gäste über ihr Gemotze beschweren. Ätsch! so kann´s gehen.
Drei Stunden später liege ich im Bett. Der Mordskater vom Vortag hat sich auf Plüschkatzengröße relativiert, aber die Erinnerung an die letzten Stunden lässt mich immer noch fröhlich grinsen. Wenn sich in vierundzwanzig Stunden eine Lesung, ein Drift hinter die übliche Promillegrenze und ein Adventskonzert inklusive Dorfdrachen und Megaschnittchen staut, dann stoße ich an meine Grenzen. In dem Bewusstsein, dass ich solche Tage früher leichter weggesteckt hätte, mit den Weihnachtsliedern und dem Drachen-Gemotze im Kopf, schlafe ich lächelnd ein. Was für eine wunderbare Vorweihnachtszeit. Ich liebe meinen Job.


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