303. Akt
Uihhhhh!
Ein Paket. In der Regel mag ich Pakete. Hat ja immer was
Überraschendes. Da die Wahrscheinlichkeit aber hoch ist, dass ich es
selber bestellt habe, mache ich keinen aufgeregten Freudentanz um den
Karton. Es ist eine mittelkleine Schachtel. Schuhe? Nee! Da habe ich
nix bestellt. Einen Moment überlege ich, ob ich zum schnellen Öffnen
ein Messer zu Hilfe nehmen soll, aber das Klebeband lässt sich auch
prima so lösen.
Und,
ei, da bin ich aber froh, dass ich nicht zum Schneidewerkzeug
gegriffen habe, denn im Karton befindet sich der Gymnastikball, den
ich für meine Mutter angefordert habe. Fünfundsechzig Zentimeter
Durchmesser. Also im vollständig aufgeblasenen Zustand. Im Moment
sieht es eher aus wie eine türkisfarbene Plazenta. Wochen nach der
Entbindung. Die kleine Fußpumpe, die mit im Paket ist, soll mir
helfen, den Ball aufzupumpen. Das wird easy. Um vorab zu checken, ob
der Ball auch komplett befüllt in ihr Auto passt, gehe ich mit einem
Zollstock in meine Garage. Fünfundsechzig Zentimeter passen locker
auf die Rückbank. Bei ihr sicher auch. Da werden sich Opel und
Mercedes nicht so gravierend unterscheiden.
Ich
gehe wieder ins Haus und versuche die Pumpe in die entsprechende
Öffnung zu rammen. Das funktioniert. Aber dann löst sich
blöderweise der Schlauch vom Fußpumpenteil. Tja... ich grüble und
greife dann nach einer Tube Sekundenkleber. Das Problem zwischen
Fußpumpe und Schlauch ist somit behoben. Das kleine Stück Plastik,
das aus dem Ball unters Sofa gekullert ist, soll mir erstmal wurscht
sein. Ich nehme mir mal fünf Minütchen und blase den schnieken
Gummiball auf.
Dreißig
Minuten später schwitze ich wie ein Elch und kann erst eine grobe
Ballform erkennen. So kann ich ihr das Teil nicht geben.
„Hier
Mutti, dein Gymnastikball. Ist die neue no-air-Variante. Viel Spaß
damit.“
Nee,
das geht nicht.
Also
pumpe ich weiter. Duschen gehen wollte ich später sowieso. Ständig
rutscht mir die Düse aus dem Loch und ich muss es mit dem Finger
zuhalten. Wo verflixt nochmal, ist eigentlich der Stöpsel???
Mir
schwant übles. Mit der Hand an Ball und Düse und dem Fuß auf der
Pumpe beuge ich mich ein wenig hinab. Äh, ja. Das, was mir vorhin
unters Sofa gerollt ist, scheint er zu sein. Und was jetzt? Ich nehme
den Fuß von der Pumpe und beuge mich weiter hinab. Es klingelt an
der Tür. Nein. Bitte nicht jetzt. Es klingelt wieder. Muss wichtig
sein. Ich lasse den Ball Ball sein, löse den Griff und höre bei
meinem Sprint zur Tür ein fröhliches PFFFFF hinter mir.
Draußen
stehen zwei Damen. Zeugen Jehova. Ich lächle ein bisschen
zerknirscht und sage, dass ich heute keine Zeit habe. Normalerweise
plausche ich an der Tür noch zwei Minuten. Egal ob Zeugen Jehova,
BoFrost-Mann oder Obstbauer. Dieses Mal fällt die Tür aber schon
nach zehn Sekunden ins Schloss.
Zurück
im Wohnzimmer finde ich wieder die türkisgrüne Plazenta im
Ursprungszustand. Es ist zum …. Aaaaarghhhh.... Okay, Fußpumpe
gerichtet, kurz unters Sofa gekrabbelt, um den Stöpsel rechtzeitig
zur Hand zu haben und los geht’s. Ich rödel auf dem
gelb-blauen-Plastikpumpen-Teil rum wie ein Berserker.
Glücklicherweise habe ich den Plastikball in der berstsicheren
Variante erstanden. So kann mir das Ding wenigstens nicht um die
Ohren fliegen, wenn ich mit meiner seichten Aggression nun übers
Ziel hinausschieße. Und wehe, er passt dann doch nicht in Muttis
Auto und sie lässt die Luft raus. Dann kann sie die Pumpe gleich
mitnehmen. Aber den Stöpsel den lass ich hier.
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