Donnerstag, 8. Dezember 2016

303. Akt   

Uihhhhh! Ein Paket. In der Regel mag ich Pakete. Hat ja immer was Überraschendes. Da die Wahrscheinlichkeit aber hoch ist, dass ich es selber bestellt habe, mache ich keinen aufgeregten Freudentanz um den Karton. Es ist eine mittelkleine Schachtel. Schuhe? Nee! Da habe ich nix bestellt. Einen Moment überlege ich, ob ich zum schnellen Öffnen ein Messer zu Hilfe nehmen soll, aber das Klebeband lässt sich auch prima so lösen.
Und, ei, da bin ich aber froh, dass ich nicht zum Schneidewerkzeug gegriffen habe, denn im Karton befindet sich der Gymnastikball, den ich für meine Mutter angefordert habe. Fünfundsechzig Zentimeter Durchmesser. Also im vollständig aufgeblasenen Zustand. Im Moment sieht es eher aus wie eine türkisfarbene Plazenta. Wochen nach der Entbindung. Die kleine Fußpumpe, die mit im Paket ist, soll mir helfen, den Ball aufzupumpen. Das wird easy. Um vorab zu checken, ob der Ball auch komplett befüllt in ihr Auto passt, gehe ich mit einem Zollstock in meine Garage. Fünfundsechzig Zentimeter passen locker auf die Rückbank. Bei ihr sicher auch. Da werden sich Opel und Mercedes nicht so gravierend unterscheiden.
Ich gehe wieder ins Haus und versuche die Pumpe in die entsprechende Öffnung zu rammen. Das funktioniert. Aber dann löst sich blöderweise der Schlauch vom Fußpumpenteil. Tja... ich grüble und greife dann nach einer Tube Sekundenkleber. Das Problem zwischen Fußpumpe und Schlauch ist somit behoben. Das kleine Stück Plastik, das aus dem Ball unters Sofa gekullert ist, soll mir erstmal wurscht sein. Ich nehme mir mal fünf Minütchen und blase den schnieken Gummiball auf.
Dreißig Minuten später schwitze ich wie ein Elch und kann erst eine grobe Ballform erkennen. So kann ich ihr das Teil nicht geben.
Hier Mutti, dein Gymnastikball. Ist die neue no-air-Variante. Viel Spaß damit.“
Nee, das geht nicht.
Also pumpe ich weiter. Duschen gehen wollte ich später sowieso. Ständig rutscht mir die Düse aus dem Loch und ich muss es mit dem Finger zuhalten. Wo verflixt nochmal, ist eigentlich der Stöpsel???
Mir schwant übles. Mit der Hand an Ball und Düse und dem Fuß auf der Pumpe beuge ich mich ein wenig hinab. Äh, ja. Das, was mir vorhin unters Sofa gerollt ist, scheint er zu sein. Und was jetzt? Ich nehme den Fuß von der Pumpe und beuge mich weiter hinab. Es klingelt an der Tür. Nein. Bitte nicht jetzt. Es klingelt wieder. Muss wichtig sein. Ich lasse den Ball Ball sein, löse den Griff und höre bei meinem Sprint zur Tür ein fröhliches PFFFFF hinter mir.
Draußen stehen zwei Damen. Zeugen Jehova. Ich lächle ein bisschen zerknirscht und sage, dass ich heute keine Zeit habe. Normalerweise plausche ich an der Tür noch zwei Minuten. Egal ob Zeugen Jehova, BoFrost-Mann oder Obstbauer. Dieses Mal fällt die Tür aber schon nach zehn Sekunden ins Schloss.

Zurück im Wohnzimmer finde ich wieder die türkisgrüne Plazenta im Ursprungszustand. Es ist zum …. Aaaaarghhhh.... Okay, Fußpumpe gerichtet, kurz unters Sofa gekrabbelt, um den Stöpsel rechtzeitig zur Hand zu haben und los geht’s. Ich rödel auf dem gelb-blauen-Plastikpumpen-Teil rum wie ein Berserker. Glücklicherweise habe ich den Plastikball in der berstsicheren Variante erstanden. So kann mir das Ding wenigstens nicht um die Ohren fliegen, wenn ich mit meiner seichten Aggression nun übers Ziel hinausschieße. Und wehe, er passt dann doch nicht in Muttis Auto und sie lässt die Luft raus. Dann kann sie die Pumpe gleich mitnehmen. Aber den Stöpsel den lass ich hier. 

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