Sonntag, 16. Oktober 2016

252. Akt

Showtime...
Es ist mal wieder Modenschau. Eigentlich nichts, was mich Nächte lang nicht schlafen lässt. Aber dieses Mal sind die Bedingungen etwas verschärft. Seit Tagen plagt mich das, was alle zur Zeit plagt. Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Wenn ich heute für Wärmflaschen, Aspirin und Heizdecken laufen würde, dann wäre das authentisch wie nie. Aber das ist ja noch nicht alles. Mit einem leicht verzerrtem Lächeln gelingt es mir fast vollständig aufrecht zu laufen, denn „Knie“ habe ich ja auch noch. Seit meiner Wanderung erinnert sich mein Bein recht gern, innig und unförmig an ungewohntes „Berg-rauf“ und „Berg-wieder-runter“. Was soll´s? Ich mache Quarkwickel. Das hilft. Ich komme vorwärts.
Meine Anprobe habe ich schon hinter mir.
Als ich erstmals von dem Geschäft hörte, gähnte ich. Tja, Damenmode halt. Aber fünf Minuten nach Betreten, war ich drauf und dran mein Auto, mein Haus und weite Teile der Verwandtschaft in Zahlung zu geben. Ein Stück genialer als der andere. Kleider, Blusen, Hosen, Jacken.... Alles, alles haben will!!! Unbedingt!!
Lediglich meiner Vernunft ist es zu Gute zu halten, dass ich am Montag keinen panischen Anruf von meinem Bankinstitut erhalten werde.
Deprimiert verzichte ich darauf, zu jedem Outfit ein lautes „Ja, einpacken, bitte!“ zu brüllen und bereite mich auf die Show vor.
An den Wänden hängen Kunstwerke aus der benachbarten Galerie Cornelia Walter. Peintre X heißt der Künstler. Leider habe ich seine letzte Vernissage vor ein paar Tagen wegen eines verpassten Flugzeuges verpennt. Aber jetzt kann ich mir die Bilder anschauen. Das lenkt mich vom dringenden Kaufbedürfnis der Klamotten ab.
Ich freue mich ganz besonders auf die Show, denn dieses Mal habe ich eine Mitläuferin aus dem eigenen Lager. Tochterkind ist nämlich ebenfalls als Model dabei.
Es ist nicht das erste Mal, dass Kind 2.0 und ich gemeinsam auf dem Catwalk sind, und es macht immer kolossal Spaß. Das einzige, was es für mich schwierig macht, ist mein exorbitanter Mutterstolz. Jedes Mal, wenn wir uns im Scheinwerferlicht begegnen, muss ich dem Impuls widerstehen, sie anzuspringen, rumzuwirbeln und ganz laut zu brüllen „Hab ich nicht ein umwerfend schönes Kind???“ Bis jetzt hatte ich mich immer im Griff. Es wäre ihr auch bestimmt exorbitant peinlich gewesen und hätte sensationell unprofessionell gewirkt. Und das ist auch wieder doof.
Ich muss grinsen. Es laufen noch zwei weitere Mutter-Tochter-Gespanne mit. Eines davon ist mir noch unbekannt, und das andere ist die süße (okay, sie hasst, wenn man sie süß nennt, aber ich tue es trotzdem ;-)) Dagmar mit ihrer Tochter Tabea. Ich werde bei beiden Paarungen nachher ganz genau hinschauen. Vielleicht werde ich ja mal Zeuge, wie ein andere Frau die Kontrolle über ihren Mutterstolz verliert und ihre Tochter über den Haufen knutscht. Mein Verständnis hätte sie jedenfalls.

Samstag, 15. Oktober 2016

251. Akt

Ich habe Kleidergröße 38. Im Sommer gerne auch eine 36. Und nach langen Wintern spannt die 38 manchmal sogar ein bisschen. Zimtsterne, Dominosteine und diese unerträglichen Lebkuchen verweigern die Klassifizierung zum Diätprodukt. Ist mir wurscht. Zu dünn friere ich eh viel zu schnell. Das mit den Kleidergrößen ist kein echtes Problem. Irgendwas passt immer. Zumindest, wenn es um Klamotten geht.
In einem italienischen Restaurant fand ich neulich eine Gästetoilette, die hier im Gegensatz für mittelgroße Schwierigkeiten sorgte. Eine Freundin von mir wollte nur kurz verschwinden. Dann kam sie ein bisschen frustriert zurück.
"Passt nicht!"
"Was passt nicht?" frage ich  "Das Klo????"
"Ja. Es passt nicht. Da ist mit Konfektion 38 die vollständige 
Eintrittskapazität erreicht. "
Ich kann es nicht glauben und stehe auf.
Meine Freundin hat Größe 44. Kein Problem. Weiblich, kurvig. Muss ja nicht jeder durch ein Schlüsselloch passen.
Kaum in dem Vorraum, der mit einem hübschen Damenbild gekennzeichnet ist, angekommen, weiß ich was sie meint. An diesem Ort muss man sich ernsthaft entscheiden. Das Klopapier oder ich? Beide zusammen haben hier keinen Platz. Auch das aus dem Weg Räumen entsprechender Kleidungsstücke, um in irgendeiner Weise aktiv zu werden, gestaltet sich schwierig. Vor allem, wenn man den Anspruch hat, die Tür hinter sich zu schließen. Unfassbar! Das ist ja ein Klo für fortgeschritten Magersüchtige. Wer hier verkantet, braucht Gleitcreme, um das kleine Kabuff wieder zu verlassen. Bewegungsspielraum gleich Null. Eher weniger. Und das in einem Restaurant das so verteufelt leckere Pasta macht. Ich wasche mir die Hände und gehe zurück zum Tisch.
"Und?"
"Kannst du vergessen." antworte ich. Dabei hab ich ja noch Glück. 
Ich wollte ja bloß schauen.
Wir essen auf und trinken wenig. Als meine Freundin ein wenig zappelig wird, kann ich sie beruhigen. Ganz in der Nähe ist noch ein Lokal mit Toiletten für ausgewachsene Menschen. Da ist zwar die Küche nicht so gut, aber gegessen haben wir nun eh schon. Dann gibt es dort eben nur noch einen Espresso und einen Digestif. Aber Beklemmungen bleiben uns dort zumindest erspart.


Freitag, 14. Oktober 2016

250. Akt

Als ich vor ein paar Wochen zu meiner Geburtstagswanderung über bayerische Kuhweiden aufbrach, hatte ich ja allerlei im Sinn. Nicht aber, dass sich mein linkes Knie noch viel länger an diesen Gewaltmarsch erinnern soll, als der Rest meines Körpers. Und so kommt es, dass ich seit dieser Zeit – vor allem im Sitzen – auf die Asymmetrie meiner Beine hinabschaue. Rechts: normales, altersgerechtes, schmales Knie. Links: kürbisförmiges, delliges und irgendwie unförmiges Knie.
Ich habe mir das nun lange genug angesehen, und nachdem lediglich die Form des Kürbisses ein wenig variiert, aber der Gesamtumfang eher an Ballsportarten erinnert, bleibt mir nichts anderes übrig, als zum Arzt zu gehen.
Der Doc und ich kennen uns gut. Vor gefühlten zweihundert Jahren haben wir gemeinsam in derselben Eishalle trainiert. Eiskunstlauf und Eistanz. Beide damals noch mit weitgehend kürbisfreiem Körper.
Nun sitzen wir uns gegenüber. Er grinst und fragt, was es denn dieses Mal gibt. Na ja, eigentlich könnte ich jetzt schmollen. In seiner Frage klingen irgendwie Begriffe wie „Ersatzteillager“, „physischer Totalschaden“ und „jaja, das Alter“ mit.
Aber was soll´s? Er hört von meiner Wanderung schaut sich mein Kürbisknie an und schickt mich zum MRT.
In meinem Kopf zähle ich rasch durch, dass ich in diesem Jahr aus den unterschiedlichsten Gründen bereits zum sechsten Mal in dieser Röhre liege. Der Begriff “Ersatzteillager“, ist in meinem Kopf jetzt dann doch der entspannteste.
Die Nachteile, die man als Kassenpatient in Sachen Wartezeiten hat, gleicht ein Doc als alter Kumpel wieder aus. Um 19 Uhr soll ich kommen. Fein. Dann kann ich gleich meine Decke und mein Kissen mit in die Röhre nehmen. Der Tag war schließlich lang und ich bin müde.
Aber natürlich lasse ich beides Zuhause, als ich mich auf den Weg mache.
Das Anmeldeformular und die Hinweise auf die Risiken und so weiter kann ich mittlerweile vermutlich in zwölf Sprachen singen. Ich fülle trotzdem alles ordentlich aus. Wenige Minuten später holt mich eine junge Frau in das kleine Kabuff, in dem ich alle Metalle ablegen soll. Wie immer überlege ich, ob außer Ohrringe, Kette, Bügel-BH, Uhr und die ein oder andere Haarspange noch etwas Magnetisierendes an meinem Körper haftet. Ich schaue in den Spiegel. Nö. Nur noch Baumwolle, Seide und Kürbis. Das passt.
In der Röhre dann das selbe Spiel wie immer. Ohrstöpsel, Notfall-Drück-Teil, Kopfhörer und Kontrastmittelzugang. Und dann rein in das Teil.
Nebenan höre ich ein Gerät laufen, dessen Beat ich noch nicht kenne.
Uff! Bämm! Uff! Bämm! Uff! Bämm!!!“
Klingt gar nicht so übel. Ich bin kurz davor mit dem Fuß zu wippen. Da aber mein Knie gerade ge-MRT-t werden soll, bieten sich Bewegungen nicht wirklich an. Selbst Schnipsen mit dem Finger soll ich lassen. Da sind sie hier ein bisschen kleinlich. Ich ignoriere also den Beat aus dem Nebenzimmer so gut ich kann und bin froh, dass die appetitlichen Ohrstöpsel und meine Kopfhörer den Lärm in meiner Röhre wenigstens minimal dämpfen. Techno-Beats sind auch ohne Kürbisknie nicht so meine Musikrichtung. Ständig versuche ich in dem Geschepper irgendwelches Worte oder Lyrics zu erkennen. Manchmal klingt es wie „OMA!OMA!OMA!OMA!“ Nur in laut und scheppernd. Dann wieder nach „Hmpf-Tröt! Hmpf-Tröt!“ Alles recht schnell hintereinander. Wieso kann es diese Dinger nicht mit einem satten Motown-Sound geben? Irgendwas, wozu ich grinsen und wenigstens im Takt blinzeln kann? Ich schaue durch den Raum. Die MRT-Röhre hat eine blass-aprikose-farbene Verschalung. Irgendwoher kenne ich den Farbton. Dann fällt es mir ein. Mein Epilierer hat dieselbe Farbe. Ich könnte mir vor den Kopf ballern, wenn ich mich bewegen dürfte. Natürlich kenne ich den Farbton. Beide Geräte sind ja von Philips. Nur macht mein Epilierer glücklicherweise nicht so einen Lärm.

Wenig Minuten später werde ich wieder rausgefahren. Ich darf aufstehen, schmeiße die matschigen Ohrstöpsel weg und lege alles abgelegte Metall wieder an. Und dann warte ich auf das Gespräch mit dem Arzt. Ich hoffe, er kann mein Kürbisknie wieder auf Normalgröße schrumpfen. Und wenn nicht, dann schmeiß ich mich mit der rechten Seite halt mal ordentlich zu Boden. Dann sieht es wenigstens wieder symmetrisch aus.                     

Donnerstag, 13. Oktober 2016

249. Akt

Tochterkind hat gekocht. Kann sie prima. Muss bei uns die ein oder andere Generation übersprungen haben. Ich kann vielleicht eine handvoll Gerichte sehr gut. Darüber hinaus kann ich wohl bloß sehr gut Dosen öffnen. Zumindest dieses Talent habe ich von meiner Mutter geerbt. Meine Geschwister und ich sind nämlich fast ausschließlich mit Dosen-Ravioli und Miracoli groß geworden. Mutti konnte früher auch noch einen genialen Sauerbraten kochen. Bis auf das eine Mal, wo sie statt Essig Essigessenz verwendet hatte. Damit zerfiel nicht nur das Fleisch butterweich im Mund, sondern die Zunge zerfiel gleich mit. Wahrscheinlich hat das dann die vegetarischen Tendenzen in meiner Familie ausgelöst.
Um darauf zurück zu kommen. Tochterkind hat also gekocht. Eine geniale Gemüsesuppe. Vegan. Also ohne jegliche Zusätze aus dem carnivoren Bereich. Die Suppe schmeckt gut. Gut genug, dass ich sie auch meinem Kind 1.0 vorsetze. Ich freue mich, da gesunde Ernährung keine schlechte Sache, aber in der Regel nicht sein Ding ist. Ich packe meinen Kram für die nächste Reise und höre ihn noch am Kühlschrank rumwerkeln.
Als ich wieder in die Küche komme, sehe ich, dass Kind 1.0 schon die zweite Portion Suppe hat. Freut mich. Ich frage, ob es denn schmeckt. Er bejaht. „Lecker, vegane Gemüsesuppe. Und mit zwei, drei Wiener Würstchen drin, ist sie gar nicht so schlecht.“

Mittwoch, 12. Oktober 2016

248. Akt

Na super. Anstatt Landung um 16.20 Uhr in München lande ich um 17.35 Uhr. Eigentlich. Im großen und ganzen kein Problem. Ja, gut, ich fahre mit dem Taxi, dass mich nachhause bringt dann direkt weiter in die Innenstadt. Dort findet wieder mal eine Vernissage statt. In meiner Lieblingsgalerie. Mit vielen Menschen, die ich mag. Ich freue mich.
Dadurch, dass der Abflug mehr als eine Stunde später ist, als ich ursprünglich gedacht habe, ist es nahezu unmöglich selbigen zu verpassen. Zumal ich eigentlich niemals Abflüge verpasse, da ich pathologisch überall zu früh bin. Am Flughafen, am Bahnhof, bei Meetings generell immer zu früh. Dieses Mal kommt es aber anders.
Wie auch immer das mit rechts vor links, Blinken vorm Abbiegen und plötzlichen Anhalten auf freien Kreuzungen ist. Wenn einer von hinten derart angerauscht kommt, dass er dich noch fix auf den Vordermann schiebt, dann ist das in erster Linie ausgesprochen überraschend. Es fühlt sich auch nicht wirklich gut an. Und last but not least, bekommt es in der Regel keinem Fahrzeug wirklich gut. Bin ich froh, dass ich nicht der Fahrer bin. Ich wäre gnadenlos aufgeschmissen.
Da hab ich aber ein Glück, dass ich mich in Sachen Abflug vertan habe. Das dürfte hinzukriegen sein. Tja, dürfte. Eigentlich. Wer schon mal einen Unfall im Ausland hatte, der weiß, dass manchmal ganz eigenartige Dinge passieren. In manchen Regionen Afrikas zum Beispiel schaut man sich an, ob die Kiste noch fährt, ruft sich einen Gruß für die Familie zu und setzt seine Fahrt fort. In manchen Ländern wird gesittet und freundlich bei einer gemeinsamen Tasse Tee auf die Polizei gewartet. Und in Südamerika habe ich schon mal erlebt, wie der Geschädigte einfach das Fahrzeug des Unfallverursachers übernahm. Es war höherwertig und beide Parteien waren sich einig. Na ja, möglicherweise habe ich auch bloß nicht gesehen, dass eine Partei bewaffnet war und die andere nicht. Egal. Waren beides nicht meine Autos.
In diesem Fall aber streiten drei Parteien über Recht und Unrecht. Vielleicht streiten sie auch darüber, ob die Frau des auffahrenden Fahrzeugführers schönere Haare hat, als die des Wagens ganz vorne. Mein Italienisch ist lausig. Keine Ahnung. Irgendwann kommt tatsächlich die Polizei. Und wenn man eines sagen kann, dann dass die italienischen Polizisten oft genau so aussehen, wie Beamte, von denen man sich tatsächlich ganz gerne mal verhaften ließe. Allerdings nicht heute. Denn soeben beginnt schon das Boarding für meinen Flug und ich bin noch gute dreißig Kilometer vom Flughafen entfernt.

Nun wird sich erst mal fleißig angestellt, um in wertvollen Minuten alle Papiere, Namen und was weiß ich festzuhalten. Ich blicke auf die Uhr. Dann schaue ich in den Himmel. Uihhh, da fliegt wieder einer. Ob das meiner... ? Aber egal. Das wird nix mehr. Also setze ich mich wieder in das Sandwich-Auto, lausche den Streitereien zwischen den Fahrzeugen und hole mein Handy raus. „Sorry, verpasse gerade meinen Flug. Werde es wohl nicht schaffen.“ Mist!   

Dienstag, 11. Oktober 2016

247. Akt 

"Wie viele Follower hast DU eigentlich?" 
Mein fragendes Gegenüber ist auch Blogger, so wie ich. Allerdings ist er ein Vollblut-Blogger, so mit Videos und Fotos und Tralala. Bei ihm geht es um Lebensberatung oder eben neudeutsch „Coaching“. Er sitzt, lächelt mich charmant an und süppelt genüsslich an seinem Virgin-Mojito. Ich habe ihn vorhin gefragt, ob ein Virgin-Mojito nicht ne bessere Limo auf Eis ist, aber ich wurde mit dem „Du hast ja keine Ahnung“-Lächeln niedergegrinst.
Nun ja. Wie viele Follower habe ich? Als ich mit dem „ich-fass-es-nicht-Blog“ begann, wusste ich immer recht genau darüber Bescheid. Vierzig Aufrufe? Aha, mein inner-circle bei Facebook und Mutti mit ihrer Freundinnen-Gang.
Dann stieg es langsam an, und ich wusste nicht wieso. Gefreut habe ich mich allerdings trotzdem. Zumal ich eigentlich immer noch keine Ahnung davon habe, was ich tue.
Heute sind es an schlechten Tagen etwa dreihundert und an guten fünfhundert Leser. Je nachdem wer, wie, wo, was in welchem Bereich geteilt hat.
Um mich für das Virgin-Mojito-Grinsen zu rächen, verschweige ich die schlechten Tage und lächle ein „durchschnittlich fünfhundert“ zurück.
Der Mojito scheint im Hals zu kratzen, denn der Mann hinter dem Strohhalm beginnt zu husten.
Fünfhundert? Jeden Tag?“ (können Augen eigentlich aus den Höhlen ploppen, wenn man sie zu weit aufreißt?)
Ich nicke zu den fünfhundert und lüge „Manchmal auch ein paar mehr.“
Aha!“
Ja. Schön, nicht?“ Anhand seines Verhaltens brauche ich keine Fragen zu seinen Follower-Zahlen zu stellen. Ich will ja nicht, dass er weint.
Und dabei hast du gar keine echten Inhalte im Blog.“
Ich glaube nicht, dass er das beleidigend meint und deswegen zickt mich das auch nicht weiter an.
Nee, ich will nur unterhalten. Keine Belehrungen oder „falsch“ und „richtig“. Nur ein bisschen Spaß und Geschichten aus meinem Leben. Ist mir eigentlich auch wurscht, wie viele das lesen. Hauptsache, die, die es lesen haben Spaß und was zum schmunzeln.“
Aha!“
Ja.“
Schmunzeln?“
Ja.“
Es schreibt doch keiner bloß einen Blog zum Schmunzeln. Wo willst du denn damit hin. Also mit deinem Blog?“
Äh, wie schon gesagt, mir reicht völlig, wenn mich eine Krankenschwester anschreibt, dass sie nach einem langen, harten Tag als Letztes immer meinen Blog liest und dann lachend ins Bett geht.“
Du würdest also auch für eine einzige Krankenschwester schreiben?“
Na ja. Wenn es nur eine wäre, dann würde ich sie eher anrufen und so zum lachen bringen.“
Mein Gegenüber wirkt genervt. Ich möchte die Stimmung retten.
Hey. Wenn du lange genug dranbleibst, dann gehen deine Zahlen auch bald hoch. Wie lange bloggst du denn schon?“
Seit acht Jahren!“
Ooops. Na ja. Was soll ich dazu noch sagen.
Und dann bestelle ich mir einen Pina-Colada. Den gibt’s auch in der Virgin Variante. Aber da pfeif ich drauf. Das Zeug hat eh so viele Kalorien, dass ich den Alkohol schon alleine dafür brauche, nicht weiter drüber nachzudenken. Mein Blogger-Kollege schaut auf die Uhr.
Ich muss dann mal los.“ er grinst. „Muss noch was schreiben.“
Ich grinse zurück. „Ich geh auch bald. Mir ist gerade was hübsches für meinen Blog eingefallen“
Wir verabschieden uns. Und wie ich ihn von hinten gehen sehe, wirkt er zwei Zentimeter kleiner als bei der Ankunft. Vielleicht sollte ich mal was über die schrumpfende Wirkung unangenehmer Nachrichten bloggen?

Der Pina Colada kommt und ich hole mein schrabbeliges Notizbuch raus. Damit ich nix vergesse. 

Montag, 10. Oktober 2016

246. Akt

Ich bin eingeladen. Ganz schnieke zu einer Fashion Party in Ingolstadt. Jetzt mag der ein oder andere denken, dass „Fashion“ und „Party“ nicht mit einer Stadt wie Ingolstadt in einen Satz passen. Aber... falsch gedacht!
Die Modenschau ist genial, die Models klasse, die Musik lässt mich und meine Freundinnen nicht eine Sekunde ruhig sitzen, und die Dance- und Artistik-Vorführungen zwischendurch sind der Hammer.
Kleinigkeiten, wie das Entsorgen der weiblichen Moderatorin in der Pause (Ja – ich bin überrascht, wie viele Fehler man in so wenigen Sätzen machen kann), werden von Oliver Pocher lässig umschifft. Auch das Vorhandensein von nur einer Toilette pro Geschlecht wird mit Prosecco und Schulterzucken hingenommen.
Sogar die drei spielenden Kinder, die die freien Plätze in der Front-Row zur kreativen Entfaltung nutzen, sind bestenfalls geringfügig nervend. Aber was soll´s? Es ist ein genialer Event und die Stimmung fantastisch.
Lediglich meine zwölf Zentimeter-Absätze machen mir ein wenig zu schaffen. In Kombination mit dem Prosecco scheinen sie minütlich an Höhe zu gewinnen. Gleichzeitig unterliegen die Schuhe selbst einem akuten Schrumpfungsprozess. Aber das ist ja nicht der Veranstaltung anzulasten. Also tanze ich die Beschwerden weg und freue mich meines Lebens.
Ein paar Stunden später liege ich in meinem Lieblingshotel vor Ort im Bett. Äh... nicht allein. Und auch nicht mit jemandem, der mir von der Show bis zum Hotel nachgelaufen ist. Nein viel besser. Meine Freundin Anja und ich haben uns nämlich kurzfristig zu einer After-Aftershow-Party-Pyjama-Party zusammengetan. Um 2 Uhr morgens sitzen wir mit hochgezwirbelten Haaren und jeweils einem Glas Wein auf ihrem Bett und lachen uns schlapp.
Wir posten ein Foto bei Facebook, das uns wie zwei Schülerinnen auf Klassenfahrt zeigt (Kurz bevor sie als Disziplinar-Maßnahme vorzeitig nach Hause geschickt werden).
Als gegen acht Uhr am Morgen dann der Wecker klingelt, liege ich längst in meinem eigenen Hotelbett, denke an die Show und die Anschlussparty und grinse die Decke an. Ingolstadt ist cool. Da sag mal einer, dass man in kleineren Städten nicht größeren Spaß haben kann.

In ein paar Tagen werde ich das Spektakel fortsetzen. Und zwar in genau dem selben Hotel. Dann präsentiere ich dort mein neues Buch in einer Premieren-Lesung. Allerdings warte ich dann mit dem Hochzwirbeln der Haare und dem After-Premieren-Lesungs-Pyjama-Party-Wein nicht bis zwei Uhr früh. Das Publikum ist dort so gut drauf. Diesmal dürften wir das schon vor Mitternacht hinkriegen.