Äh.. ja... da bin ich wieder.
Allzu lange habe ich meinen schönen
Blog ruhenlassen. Aber er ist ja kein Hefeteig und manchmal setzen
Texte Staub an.
Also, es ist viel passiert in der
Zwischenzeit. Manche Menschen haben mein Leben verlassen – im
schlimmsten Fall sogar das ihre – und manche sind hinzugekommen. So
befinde ich mich jetzt immer noch mit Kind 1.0 und 2.0 in dem schönen
Häuschen am Rande der Stadt, habe mein Leben allerdings um eine
Handvoll Menschen ergänzt. Eigentlich könnte alles rosarot sein,
wenn, ja wenn nicht der ganze Alltagskram sich immer wieder vor einem
aufstauen würde und dann niedergeschrieben gehört. Und so soll es
nun weitergehen. Und immer noch kann ich an vielen Stellen sagen:
Ich fasse es nicht!
Manche Dinge lassen sich ja nicht
vermeiden. Viele lassen sich nicht verdrängen und einige lauern
geradezu darauf zu passieren. Bei jedem. Und bei mir natürlich auch.
Dabei muss es sich jetzt nicht um ernsthaft Grausiges handeln.
Lediglich sanft Beängstigendes reicht da völlig. Und so schleppte
ich das Wissen über das was anstand lange mit mir herum.
Und wann immer mich eine Freundin oder
ein Bekannter nach meinem Alter fragte, überlegte ich, ob ich nun
lügen, aggressiv werden, lässig abwinken oder es einfach ignorieren
sollte.
Wie gesagt, mein Problem war nichts
weltbewegendes.
Es war mein 50. Geburtstag.
Natürlich war mir klar, dass ich nicht
über Nacht die Farbe wechseln würde oder schlagartig
Mariannengraben tiefe Falten ins Gesicht gemeißelt bekäme. Auch
würde keiner kommen, aus Sicherheitsgründen bei meinen Highheels
die Absätze abbrechen und mir einen schnieken Rollator in den Flur
stellen. Es war einfach nur so eine große Zahl. 50. Halbvoll oder
halbleer? An guten Tagen war es mir wurscht, an schlechten war mir
eher nach randvoll. Aber Prosecco und Cocktails halten den Lauf der
Zeit ja nun nachweislich auch nicht auf.
Wie machten es denn die anderen? Also
nicht die, die prinzipiell das Alter ihrer Kinder von dem ihren
abzogen?
Meine ältere Schwester ist glaub ich
locker rübergerutscht. Mein Bruder war schon nervöser. Mein Freund
hatte fünf Monate vor mir diese Schallgrenze überschritten, ohne
sich wesentlich zu verändern und bei einigen Bekannten änderte sich
das Geburtsdatum und somit das Alter ohnehin quasi wöchentlich.
Während ich so meinen Gedanken
nachging, legte mir meine von der fünfzig noch exorbitant weit
entfernte Tochter lachend ein schwarzrotgoldenes Band vor. Genau
genommen war es kein Band, sondern eine Schärpe.
"Mama, Du warst 3. Miss Germany
1986/87???"
"Tja...Äh ja. War ich!" Einen
Moment überlegte ich, ob das nun rückwirkend meine Erziehung
versaut, entschied mich aber dagegen.
Und schlagartig hatte ich eine Idee,
wie ich mich von so unkomischen Gedanken wie dem Älterwerden
ablenken könnte.
"Du Mausi, was hältst du denn
davon, dass Du jetzt da mal teilnimmst? Einfach so. Ist ne gute
Schule und macht echt Spaß." Dass so ein Wahlenparcours für
mich eine angenehme Zerstreuung sein könnte, sagte ich nicht.
Tochterkind lachte. Hatte sie doch
gerade angefangen zu studieren und sah sich damit wie alle
Erstsemester völlig ausgelastet. Sie brachte meine Schärpe zurück
in den Erinnerungskarton im Keller und verzog sich kichernd in ihr
Zimmer. Kurz danach kam sie wieder runter und machte mir einen
Vorschlag, der meine Altersverschreckte Perspektive völlig verschob.
"Die Wahl gibt es übrigens auch
noch für Senioren." - Hatte sie da wirklich Senioren gesagt?
War es schon so weit? - "Also es gibt da die Wahl zur Miss 50
plus Germany. Ist der selbe Veranstalter. Wär doch was für dich oder?"
Ich zuckte mit den Schultern. War das
was für mich? Ich recherchierte im Internet. Tatsächlich. Miss 50
plus. Veranstaltet von der Miss Germany Corporation Oldenburg. Genau
wie meine Miss Wahl damals. Zwischen einer halbleeren Tasse Kaffee
und vor einem randvollen Glas Prosecco reifte die Idee. Nicht vor dem
Unausweichlichen ausweichen, sondern es feiern.
"Hurra, ich werde 50!"
Nach einem weiteren Glas Prosecco
konnte ich das schon beinahe laut sagen. Und es brauchte auch kein
drittes mehr, bis ich das Formular ausgefüllt und die Bilder
verschickt hatte.
Ja! Party statt Panik.
Am 9. September war es dann soweit.
Über Nacht verlor ich die Vier. Aber ansonsten verlor ich nix. Das
Happy Birthday-Gesinge klang genau so schräg wie in den Jahren zuvor
und keiner nahm Maß oder pflanzte eine Eiche, um mir in unferner
Zukunft eine Holzkiste zu bauen. Alles war lässig und schon kurz
danach erfolgte eine Einladung mit dem Casting für die Top 20 der
Miss 50 plus Germany Wahl. Dann würde es jeder wissen. Tolle Frauen waren
bei dem Casting. Alle Ü 50 und keine saß weinend in der Ecke oder
schnippelte an ihrem Ausweis herum. Ein paar Wochen später traf man
sich dann erneut. Wer hier dran teilnimmt, darf kein Problem damit
haben, dass andere einen jünger schätzen. Ü50 heißt Ü50. Da wird
nix mehr verschönert oder runtergerechnet. Und schon in der Nacht
zum 26. November wusste ich, dass ich alles richtig gemacht hatte.
Statt zu heulen oder irgendwelche Zahlen von meinem Alter abzuziehen,
habe ich es laut herausgebrüllt.
Jippieh!!! Ich bin 50 und ich bin es
gern. Und während das Krönchen neben der Siegerschärpe auf meinem
Hotelnachtkästchen glitzerte war ich mir sicher, dass es kein
schärferes Alter geben konnte. 50 ist nämlich nicht das neue 40,
sondern einfach nur eine Zahl. Und ich mache das Beste draus.
Und ab jetzt, lasse ich auch wieder
daran teilhaben.
Ich fass es nicht!
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