346. Akt
Per
Penis???
Äh...
tja... nicht wirklich, oder?
Der
Schnösel vor mir trieft vor Arroganz und Überheblichkeit. Und die
Frau an seiner Seite hätte eine sinnvolle Aufgabe, selbiges mit
ihrem ultrablond gefärbtem und aufgetufften Haar aufzuwischen. Sie
geben schon ein prima Paar ab. Er Ende fünfzig, schnieker Anzug,
Einstecktuch und die Liebenswürdigkeit einer gammeligen Zitrone und
sie die aufgerüschte Mittzwanzigerin, also nach ihrer Aussage. Wobei
die Aussage sich vermutlich seit mindestens zwanzig Jahren nicht in
der Zahl verändert haben wird.
Menschen
die mir die Welt erklären finde ich nicht immer prinzipiell grottig.
Wenn jemand sich auskennt, viel gesehen und erlebt hat, genieße ich
Erklärungen und Ausführungen sogar sehr. Bei Typen, die in ihrem
Leben allerdings nicht mehr geleistet haben, als mit einem teuren
Produkt die ersten, zweiten und dritten grauen Haare auf
Originalfarbe zu trimmen, habe ich oft nur mangelhaften Respekt.
Und
genau so ein Modell steht hier vor mir. Er bezeichnet mich als
Kollegin und sich als Autor. Als ich ihn Frage, was er schon alles
veröffentlicht hat, murmelt er etwas von diversen Artikeln in
Fachmagazinen. Auf die Fachrichtung der Magazine will er sich
allerdings nicht festlegen lassen. Das aufgepimpte Geschoss an seiner
Seite hat gerade Gefallen daran gefunden, ihre Brüste für größer
als die meinen zu erklären. Das sagt zumindest ihr Blick und die
Art, wie sie sich mit durchgestrecktem Rücken und weit
ausgebreiteten Armen auf das Sofa zurücklehnt. Was sie angeht, kann
ich ihr zustimmen. Yes, Baby, deine sind definitiv größer. Dafür
haben deine auch was gekostet und meine gab es gratis. Danke für die
guten Gene Mutti.
Nun
parliert Senor „ich-bin-der-schärfste“ in höchsten Tönen aus
dem reichen Schatz seiner Lebenserfahrungen. Liebend gerne lässt er
dabei den ein oder anderen anglophilen oder lateinischen Begriff ins
Gespräch sabbern.
Ich
kann das ab. Kein Problem. Der Herr will ja schließlich mit mir
zusammen arbeiten. Für meine Seite habe ich jede Form der
Zusammenarbeit schon nach dem ersten labberigen Händedruck und der
Einneblung mit teurem Rasierwasser ausgeschlossen.
Nach
diversen „quod erat demonstrantum“, „Finis coronat opus“, „ad
honorem“ und nicht minder zahlreichen „absolutely brilliant“
und „to come to the point“ Gequatsche, geht er noch auf seine
Sportlichkeit ein. Er spricht über absolvierte Wanderungen und
schließt seine Ausführungen stets mit einem „und alles per Penis“
verstehen Sie „alles per Penis“.
Ich
weiß, dass er „per pedes“ meint. Also „zu Fuß“.
Nach
dem dritten „per Penis“ kann ich mich nicht mehr halten. Ein
bisschen indigniert werde ich von oben, ob meines mangelnden
Respektes angeschmollt. Dann setze ich mich wieder aufrecht hin.
Ich
kann nicht mehr. Nicht mehr zuhören. Nicht mehr stillsitzen und auch
nicht mehr aufhören zu lachen. Da eine Zusammenarbeit ohnehin
ausgeschlossen ist, kann ich der Angelegenheit auch noch den letzten
Stoß geben, denke ich und fliege fast wieder vor Lachen vom Sofa.
Zu
der Blondine an seiner Seite sage ich bewundernd:
„Ich
habe ihrem... ähem... Gatten wirklich viel zugetraut, aber dass er
allein mit der Kraft seines Penis bis nach Italien kommt, das ist
dann schon exorbitant extraordinär.“
Dann
stehe ich auf und gehe. Und zwar per pedes. Bis zu meinem Auto.
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