Dienstag, 25. April 2017

346. Akt

Per Penis???
Äh... tja... nicht wirklich, oder?
Der Schnösel vor mir trieft vor Arroganz und Überheblichkeit. Und die Frau an seiner Seite hätte eine sinnvolle Aufgabe, selbiges mit ihrem ultrablond gefärbtem und aufgetufften Haar aufzuwischen. Sie geben schon ein prima Paar ab. Er Ende fünfzig, schnieker Anzug, Einstecktuch und die Liebenswürdigkeit einer gammeligen Zitrone und sie die aufgerüschte Mittzwanzigerin, also nach ihrer Aussage. Wobei die Aussage sich vermutlich seit mindestens zwanzig Jahren nicht in der Zahl verändert haben wird.
Menschen die mir die Welt erklären finde ich nicht immer prinzipiell grottig. Wenn jemand sich auskennt, viel gesehen und erlebt hat, genieße ich Erklärungen und Ausführungen sogar sehr. Bei Typen, die in ihrem Leben allerdings nicht mehr geleistet haben, als mit einem teuren Produkt die ersten, zweiten und dritten grauen Haare auf Originalfarbe zu trimmen, habe ich oft nur mangelhaften Respekt.
Und genau so ein Modell steht hier vor mir. Er bezeichnet mich als Kollegin und sich als Autor. Als ich ihn Frage, was er schon alles veröffentlicht hat, murmelt er etwas von diversen Artikeln in Fachmagazinen. Auf die Fachrichtung der Magazine will er sich allerdings nicht festlegen lassen. Das aufgepimpte Geschoss an seiner Seite hat gerade Gefallen daran gefunden, ihre Brüste für größer als die meinen zu erklären. Das sagt zumindest ihr Blick und die Art, wie sie sich mit durchgestrecktem Rücken und weit ausgebreiteten Armen auf das Sofa zurücklehnt. Was sie angeht, kann ich ihr zustimmen. Yes, Baby, deine sind definitiv größer. Dafür haben deine auch was gekostet und meine gab es gratis. Danke für die guten Gene Mutti.
Nun parliert Senor „ich-bin-der-schärfste“ in höchsten Tönen aus dem reichen Schatz seiner Lebenserfahrungen. Liebend gerne lässt er dabei den ein oder anderen anglophilen oder lateinischen Begriff ins Gespräch sabbern.
Ich kann das ab. Kein Problem. Der Herr will ja schließlich mit mir zusammen arbeiten. Für meine Seite habe ich jede Form der Zusammenarbeit schon nach dem ersten labberigen Händedruck und der Einneblung mit teurem Rasierwasser ausgeschlossen.
Nach diversen „quod erat demonstrantum“, „Finis coronat opus“, „ad honorem“ und nicht minder zahlreichen „absolutely brilliant“ und „to come to the point“ Gequatsche, geht er noch auf seine Sportlichkeit ein. Er spricht über absolvierte Wanderungen und schließt seine Ausführungen stets mit einem „und alles per Penis“ verstehen Sie „alles per Penis“.
Ich weiß, dass er „per pedes“ meint. Also „zu Fuß“.
Nach dem dritten „per Penis“ kann ich mich nicht mehr halten. Ein bisschen indigniert werde ich von oben, ob meines mangelnden Respektes angeschmollt. Dann setze ich mich wieder aufrecht hin.
Ich kann nicht mehr. Nicht mehr zuhören. Nicht mehr stillsitzen und auch nicht mehr aufhören zu lachen. Da eine Zusammenarbeit ohnehin ausgeschlossen ist, kann ich der Angelegenheit auch noch den letzten Stoß geben, denke ich und fliege fast wieder vor Lachen vom Sofa.
Zu der Blondine an seiner Seite sage ich bewundernd:
Ich habe ihrem... ähem... Gatten wirklich viel zugetraut, aber dass er allein mit der Kraft seines Penis bis nach Italien kommt, das ist dann schon exorbitant extraordinär.“

Dann stehe ich auf und gehe. Und zwar per pedes. Bis zu meinem Auto.

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