345. Akt
Irgendwie
haut es so nicht hin. Wann immer ich mich hochkonzentriert in die
Arbeit stürzen will, kommt mir dieses vermaldeite Facebook
dazwischen. Manchmal ist es auch Instagram. Ganz selten Ebay oder
irgend sowas. Klar könnte ich die Facebook- und Instagram-Fenster im
Hintergrund ganz einfach schließen, aber dann habe ich immer das
Gefühl, ich verpasse gerade die weltallerwichtigste Nachricht oder
jemand in Not kann mich nicht via Chat erreichen. Ganz ehrlich. Ich
habe es probiert.
Obwohl... ebenfalls ganz ehrlich, habe ich über
Facebook in all den Jahren nie die weltallerwichtigste Nachricht
erhalten. Wenn ich die Fakten, dass jemand seinen Hochzeitstag
feiert, gerne Spaghetti Bolognese isst oder in Kürze einem fiesen
Schnupfen erliegt natürlich ausschließe.
Ebenfalls
kam es bis jetzt noch zu keiner Nachricht, wo mir jemand von einer
hohen Brücke schreibt, um mich zu fragen, ob sich sein oder ihr
Leben noch lohnt.
Ich
habe das Gefühl, ich könnte pro Jahr problemlos vier Bücher
herausbringen, wenn ich nicht regelmäßig vom Schreibprogramm via
Facebook hinüber zu so essentiellen Spielen wie Candy Crush oder
Farm Heroes Saga driften würde.
Nach
zwei Stunden fleißigen Herumdaddelns stelle ich dann wieder fest,
dass ich außer dem Sortieren von Äpfeln und Bananen nichts Ernsthaftes erledigt habe.
Deprimiert
bin ich dann. So deprimiert, dass ich mir bei Instagram gleich mal
ein paar schöne Fotos anschauen muss. Und zack! Ist schon die
nächste Stunde rum.
So
kann es nicht weiter gehen. Als ich Kind 1.0 mein Leid klage, klärt
er mich darüber auf, dass sich dieses social media Sucht leicht in
ihre Schranken verweisen ließe. Ich vermute, dass er mir dafür den
Rechner wegnehmen müsste und ich dann erst recht nicht arbeiten
kann, aber er spricht von einem Programm. Damit wird eingestellt, wie
lange man auf welchen Seiten surfen kann. Ich denke ein bisschen nach
und bitte ihn dann, meinen Rechner so einzustellen, dass ich erst
nach 14 Uhr die entsprechenden Seiten besuchen kann. Und dann auch
nur für eine halbe Stunde pro Tag. Er setzt sich auf meinen Stuhl,
macht ein bisschen an meinem Laptop rum und erklärt mit einem
„Fertig!“ meine neue und selbstgewählte Reglementierung. Ich fühle mich wie eine Jungpionierin. Ja! Jetzt
beginnt mein effizientes Arbeiten. Jetzt werde ich mich nicht mehr im
Leben anderer Menschen verheddern, wenn sich selbige um veganes,
vegetarisches oder fleischliches Leben streiten.
Ich
werde schreiben und dann frisch erholt einen Orangensaft aus dem
Kühlschrank holen, aus dem Fenster sehen und mich als effizienteste
Schriftstellerin zwischen Mississippi und Elbe feiern. Hach. Das ist
ein gutes Gefühl.
Und für die wirklich allerweltwichtigsten Nachrichten und Notruf-Chats habe ich ja noch mein Handy.
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