343. Akt
Es
ist kurz nach zwei Uhr in der Nacht. Hinter mir liegen der schönste
Urlaub meines Lebens, fünf Maschinen Wäsche (zwei für mich und
drei für Kind 1.0 und 2.0, die Zuhause geblieben sind) und 689
unbeantwortete Emails. Am liebsten würde ich sofort wieder
losfahren, aber irgendwann lacht dann der EC-Karten-Automat im
Urlaubsort nur noch hysterisch und zieht meine Karte ein. So ganz
ohne Bücher schreiben und arbeiten geht es dann doch nicht.
Eigentlich wollte ich ja im Urlaub mein aktuelles Projekt
fertigstellen. Dann kamen mir allerdings gefühlte sieben Millionen
schöne Momente, 23 Grad und ein blitzeblaues Meer dazwischen.
Nun
liege ich also unter meinem Sonnenuntergangsbild in meinem Bettchen
und überlege, worauf ich mich als nächstes freuen kann. Und da ich
nicht lange überlegen will, fällt mir die Tatsache ein, dass ich am
nächsten Tag ausschlafen kann. Die Kinder besuchen ihren Vater, der
Wecker ist aus, und nichts und niemand erwartet mich morgen vor 12
Uhr. Das Leben ist schön.
Es
kann keine fünf Minuten gedauert haben, als ich selig einschlafe.
Und
es kann keine Stunde gedauert haben, bis ich wieder aufwache. Also
gefühlsmäßig. Einäugig blinzel ich meinen Wecker an. Der sagt nix
außer, dass es 6.30 Uhr ist. Also definitiv nicht die Zeit, in der
ich auch noch mein zweites Auge öffnen will. Ich döse wieder ein
und werde nach ein paar Minuten erneut wach.
Ich
lausche. Irgendwo hämmert doch einer.
Immer
zweimal. Pause. Zweimal. Ganz dumpf und leise.
Ich
befehle meinem halb geöffneten Auge wieder die vollständige
Schließung und verweigere meinem Hirn die Verarbeitung irgendwelcher
viel zu frühen Informationen. Wieder ein kurzes Eindösen.
Nun
ist zu dem Hämmern auch noch ein eigenartiges Tröten dazu gekommen.
Hämmer,
Hämmer, Tröööt! Pause! Und von vorne.
Gedanklich
liege ich noch am Strand und nehme die „Mama, Zuhause
schneit´s“-WhatsApp-Videos zur Kenntnis.
Mittlerweile
weigert sich mein Gehirn allerdings, die akustische Penetration zu
ignorieren. Und als zum Hämmern und Tröten auch noch ein agressives
Klingeln hinzukommt, stehe ich auf. Es ist 6.45 Uhr ich fühle mich,
als könnte ich nun doch noch eine Woche Strand, Wasser und schöne
Dinge vertragen. Und ich bin fest entschlossen dem Lärm auf den
Grund zu gehen. Wie gesagt, Ratz und Rübe befinden sich nicht im
Haus. Und wenn sich nicht ein geistesgestörter Einbrecher gerade an
meiner Werkzeugkiste zu schaffen macht, dann kann ich mir den
Geräusche-Terror nicht erklären.
Ich
stehe im Flur. Mein Schlaf-T-Shirt verliert rasant an seiner noch
wohligen Döse-Wärme und meine Hausschuhe suche ich erst gar nicht.
Vermutlich liegen die unter einem Kleiderstapel in Kind 2.0s Zimmer.
Ich
lausche und orte. Nach einer Minute öffne ich die Tür von Kind 1.0s
Zimmer. Der geistesgestörte Einbrecher muss sich irgendwo zwischen
Schreibtisch und Bücherregal verstecken. Und das tut er im
übertragenen Sinne auch.
Warum
zum Teufel stellt sich mein Sohn einen derartigen Horrorarlarm auf
seinem iPad ein? Um 6.30 Uhr? Und warum verflixt nochmal lässt er
das Ding dann hier liegen?
Um
das kleine schwarze Ding wütend aus dem Fenster zu schmeißen,
müsste ich erst mal die Rollos hochmachen. Dafür fehlt mir die
Energie. Um wieder ins Bett zu gehen, fehlt mir die nötige
Entspannung. Also suche ich dann doch im Zimmer von Tochterkind meine
Pantoffeln (gefunden unter Sofa und neben dem Mülleimer) und gehe
hinab zur Kaffeemaschine.
Wenn
ich schon nicht horizontal von meinem Urlaub träumen kann, dann doch
mit einem Cappuccino in der Hand vor meinem Laptop. Und dort sitze
ich dann auch und erfreue mich an den Fotos der letzten Tage.
Und
nachher schlafe ich noch ein bisschen auf dem Sofa.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen