Samstag, 22. April 2017

343. Akt

Es ist kurz nach zwei Uhr in der Nacht. Hinter mir liegen der schönste Urlaub meines Lebens, fünf Maschinen Wäsche (zwei für mich und drei für Kind 1.0 und 2.0, die Zuhause geblieben sind) und 689 unbeantwortete Emails. Am liebsten würde ich sofort wieder losfahren, aber irgendwann lacht dann der EC-Karten-Automat im Urlaubsort nur noch hysterisch und zieht meine Karte ein. So ganz ohne Bücher schreiben und arbeiten geht es dann doch nicht. Eigentlich wollte ich ja im Urlaub mein aktuelles Projekt fertigstellen. Dann kamen mir allerdings gefühlte sieben Millionen schöne Momente, 23 Grad und ein blitzeblaues Meer dazwischen.
Nun liege ich also unter meinem Sonnenuntergangsbild in meinem Bettchen und überlege, worauf ich mich als nächstes freuen kann. Und da ich nicht lange überlegen will, fällt mir die Tatsache ein, dass ich am nächsten Tag ausschlafen kann. Die Kinder besuchen ihren Vater, der Wecker ist aus, und nichts und niemand erwartet mich morgen vor 12 Uhr. Das Leben ist schön.
Es kann keine fünf Minuten gedauert haben, als ich selig einschlafe.
Und es kann keine Stunde gedauert haben, bis ich wieder aufwache. Also gefühlsmäßig. Einäugig blinzel ich meinen Wecker an. Der sagt nix außer, dass es 6.30 Uhr ist. Also definitiv nicht die Zeit, in der ich auch noch mein zweites Auge öffnen will. Ich döse wieder ein und werde nach ein paar Minuten erneut wach.
Ich lausche. Irgendwo hämmert doch einer.
Immer zweimal. Pause. Zweimal. Ganz dumpf und leise.
Ich befehle meinem halb geöffneten Auge wieder die vollständige Schließung und verweigere meinem Hirn die Verarbeitung irgendwelcher viel zu frühen Informationen. Wieder ein kurzes Eindösen.
Nun ist zu dem Hämmern auch noch ein eigenartiges Tröten dazu gekommen.
Hämmer, Hämmer, Tröööt! Pause! Und von vorne.
Gedanklich liege ich noch am Strand und nehme die „Mama, Zuhause schneit´s“-WhatsApp-Videos zur Kenntnis.
Mittlerweile weigert sich mein Gehirn allerdings, die akustische Penetration zu ignorieren. Und als zum Hämmern und Tröten auch noch ein agressives Klingeln hinzukommt, stehe ich auf. Es ist 6.45 Uhr ich fühle mich, als könnte ich nun doch noch eine Woche Strand, Wasser und schöne Dinge vertragen. Und ich bin fest entschlossen dem Lärm auf den Grund zu gehen. Wie gesagt, Ratz und Rübe befinden sich nicht im Haus. Und wenn sich nicht ein geistesgestörter Einbrecher gerade an meiner Werkzeugkiste zu schaffen macht, dann kann ich mir den Geräusche-Terror nicht erklären.
Ich stehe im Flur. Mein Schlaf-T-Shirt verliert rasant an seiner noch wohligen Döse-Wärme und meine Hausschuhe suche ich erst gar nicht. Vermutlich liegen die unter einem Kleiderstapel in Kind 2.0s Zimmer.
Ich lausche und orte. Nach einer Minute öffne ich die Tür von Kind 1.0s Zimmer. Der geistesgestörte Einbrecher muss sich irgendwo zwischen Schreibtisch und Bücherregal verstecken. Und das tut er im übertragenen Sinne auch.
Warum zum Teufel stellt sich mein Sohn einen derartigen Horrorarlarm auf seinem iPad ein? Um 6.30 Uhr? Und warum verflixt nochmal lässt er das Ding dann hier liegen?
Um das kleine schwarze Ding wütend aus dem Fenster zu schmeißen, müsste ich erst mal die Rollos hochmachen. Dafür fehlt mir die Energie. Um wieder ins Bett zu gehen, fehlt mir die nötige Entspannung. Also suche ich dann doch im Zimmer von Tochterkind meine Pantoffeln (gefunden unter Sofa und neben dem Mülleimer) und gehe hinab zur Kaffeemaschine.
Wenn ich schon nicht horizontal von meinem Urlaub träumen kann, dann doch mit einem Cappuccino in der Hand vor meinem Laptop. Und dort sitze ich dann auch und erfreue mich an den Fotos der letzten Tage.

Und nachher schlafe ich noch ein bisschen auf dem Sofa. 

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