Donnerstag, 26. Januar 2017

326. Akt

Ja, okay, ich oute mich. Ich bin dabei. An jedem Abend an dem es mir möglich ist, sitze ich mit einer imaginären Tüte Popcorn vorm realen Flachbildschirm und pfeife mir die Dschungelshow in vermutlich zu hohen Dosen rein. Manchmal schüttel ich mit dem Kopf und manchmal kann ich gar nicht hinschauen, aber in der Regel lache ich mich tot, wie Menschen Probleme lösen, die sie nicht hätten, wenn sie nicht so exorbitant selbstdarstellerisch wären. Vielleicht ist es ja auch die mangelhafte Eigenwahrnehmung, die einen vor einem Millionenpublikum vier-Augen-Gespräche führen lässt. Manche der Kandidaten lernt man mögen, andere möchte man gerne mit einem Spiegel und ohne Sonnencreme in der Wüste aussetzen. Mich unterhält es. Letztens wurde mir diese Sehgewohnheit als primitiv vor die Füße geworfen. Komischerweise von jemandem, der trotz aller Ablehnung dieser Sendeformate bestens über Honey, Kader und Konsorten informiert war. Auf meine Nachfrage, woher sie denn so gut Bescheid wüsste, meinte sie, dass sie die Dschungelberichte täglich in der Bild liest.
Na dann bin ich aber ob des intellektuellen Anspruchs hochgradig beruhigt. Andere für dämlich erklären und sich dann hinterrücks über die Bild auf dem Laufenden zu halten, hebt echt meinen Respekt. Äh nee... das Wort hieß anders.
Generell finde ich es eigenartig, den Intellekt und geistigen Horizont eines Menschen an dem Konsum diverser Sendungen festzumachen.
Nachrichten, Wirtschaftssendungen, Arte = schlau und integer.
Talkshows, Entertainment, Bernd das Brot = gerade nicht blöd genug, um nicht vom Planeten zu fallen. Ich halte diese Einstellung für ein bisschen beschränkt.

Ich liebe Opern und ich steh auf HipHop. Ich besuche Museen und ich mag Autokino mit Nachos nach Mitternacht. Ich rede gerne mit Wissenschaftlern und lasse mich auch mal von einem Fünfjährigen über seine Sicht des Lebens informieren. Um meinen geistigen Horizont mache ich mir keine Sorgen. Ich tu und sehe, was ich mag und pfeif auf das was „man tut“. Und heute Abend sitze ich wieder vor der Glotze. Basta.  

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