322. Akt
Ich
packe mal wieder mein Köfferchen. Dieses Mal geht die Reise nach
Stuttgart, wo ich am Samstag als Jurymitglied bei einem
Modelwettbewerb für taubstumme Frauen geladen bin. Einen Tag später
werde ich mit einem meiner allerliebsten Lieblingsfotografen
arbeiten. Cool. Ich freu mich.
Um
mich für meine Aufgabe in der Jury vorzubereiten, erarbeite ich mir
eine Begrüßung beziehungsweise Moderation in Gebärdensprache.
Früher
war ich im Gebärden gar nicht so schlecht. Aber das ist halt
schrecklich viele Jahre her und auch die Gebärdensprache verlernt
man, wenn man sie nicht benutzt. Ich stehe also im Wohnzimmer und übe
diverse Gesten. Meine beiden Kinder beobachten das Ganze grinsend.
Dann meint Kind 2.0, ob ich mir sicher wäre in dem, was ich da von
mir gebe. Kind 1.0 bringt es auf den Punkt.
„Mama,
was soll das heißen? Hätte das nicht auch bedeuten können ´Ich
hatte gerade hemmungslosen Sex mit deinem Rasenmäher, und morgen
fang ich ein Eichhörnchen´.“?
Nun
fangen beide an wie wild zu gestikulieren und erklären sich dann,
was es bedeuten könnte.
Hab
ich wirklich auch nur einen Hauch zu dieser Erziehung beigetragen?
Ich kann es kaum glauben. Kreativ sind sie ja, aber so wirklich
weiter bringen tut mich das nicht. Also arbeite ich weiter an "Guten
Abend und herzlich Willkommen zu der heutigen Veranstaltung". Was
aber, wenn ich auf der Bühne stehe und meinen Händen tatsächlich
Obszönes oder Beleidigendes einfällt?
Wie
nah sind die Gebärden von „ich wünsche euch viel Spaß und
Erfolg“ zu „Achtung Feueralarm, alle sofort raus hier?“
Ach,
ich glaube ich lass es. Wir haben ja auch amtliche Übersetzer vor
Ort. Konzentriere ich mich eben bloß auf Optik und Sympathiewert der
Teilnehmerinnen und das gute Essen im Anschluss. Mögen die Spiele
beginnen und die Beste gewinnen. Zur Not deute ich halt auf die, die
ich am tollsten finde. Und so ein paar Nettigkeiten werde ich mit
meinen Händen schon hinkriegen.
Von
wegen Rasenmäher... nee, nee, nee
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