Mittwoch, 7. Juni 2017

361. Akt

Yepp!!! Der Sommer steht derart unmittelbar vor der Tür, dass man kaum noch dran vorbei kommt. Und ebenfalls wahr: Bikinifiguren werden auch bei Nieselregen und sechzehn Grad gemacht. Ausreden bringen nichts, es sei denn man denkt sie sich beim Joggen aus.
Also nix wie rein in die Turnschuhe, mein retro-mega-vintage-quasi-antiken MP3 Player angestöpselt und husch husch, raus in Richtung See. Hin, zwei Runden rum und wieder zurück. Das ist der Plan. Also trab ich munter los.
Das letzte Stück bis zum See ist eine etwa achthundert Meter lange Gerade.
Und da seh sich sie auch schon. Knapp zweihundert Meter vor mir biegen sie auf. Ich ächze. Unsere Seniorengruppe, die sich ebenfalls in Richtung See in Bewegung setzt. Zirka fünfzehn Mann bzw. Frau stark und ausgestattet mit Hightech Nordic Walking Stöcken.
Das ist jetzt doof, denke ich mir. Selbst wenn ich nicht jogge, sondern nur sehr schnell gehe, werde ich gleich mein Headset aus den Ohren nehmen müssen, fünfzehn Mal „Guten Morgen!“ sagen und dabei unkoordiniert den Parcours durch die Nordic Walking Stöcke nehmen.
Hach, das ist doch wie eine Trecker Parade durch die Innenstadt. Nett anzusehen, aber sie hält einen auf.
Und so laufe ich weiter, höre meine Musik und bereite mich in Kürze auf die ersten Überholmanöver vor.
Nach drei Liedern fällt mir auf, dass die Gestalten mit den Stöcken noch keinen Meter näher bei mir sind. Ganz im Gegenteil. Die ersten zehn der Gruppe haben sich offensichtlich sogar ein bisschen abgesetzt.
Hallo??? Ich laufe so zügig, wie immer. Trainieren die jetzt auch nachts heimlich? Ich lege einen Gang zu. Mittlerweile haben wir den See erreicht. Vielmehr ich habe ihn erreicht. Die running Rentners sind schon das erste Viertel rum. Wieso hab ich Idiotin nicht einfach die andere Richtung eingeschlagen? Also entgegen dem Uhrzeigersinn. Dann würde mir jetzt nicht so deutlich klar werden, dass die walkenden Pensionäre mich eiskalt abgehängt haben. Bei der zweiten Runde dann kann ich endlich aufschließen und sogar überholen. Allerdings nur, weil die Herrschaften gerade in Höhe der Tischtennistische ausgiebig Dehnungsübungen machen.
Ich bin ein wenig demoralisiert. Klar finde ich es toll, wenn die hier so sportlich unterwegs sind. Allerdings würde der Gedanke, nicht in diese Gruppe aufgenommen werden zu können, weil ich schlichtweg zu langsam bin, mich nachhaltig frustrieren.
Als ich vorbeitrabe grüßen sie mich freundlich. Ja, klar. Wahrscheinlich feuern sie mich jetzt insgeheim an. Nach dem Motto „Sie schafft es hoffentlich noch bis nach Hause“.

Und eins ist mir klar, künftig werde ich mich noch häufiger umdrehen, wenn ich beim laufen bin. Es könnte sich ja ein Rudel olympischer Rentner von hinten nähern. Und unter diese spitzen Stöcke möchte ich nun garantiert nicht kommen.   

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