331. Akt
Mann, mann, mann... zum Glück
gibt es das ganze Social-Media-Gedöns erst seit ein paar Jahren. Vermutlich hätte ich mich sonst als Gründungsmitglied der
„Anonyme Social-Media-Junkies-Gruppe“ registrieren lassen müssen.
Aus den gewollten mal
zehn Minuten bei Facebook reinschauen oder oh, was
bietet mir denn Instagram gerade Hübsches
wird regelmäßig ein paralysiertes zwei Stunden Gesurfe. Man liest
hier, kommentiert dort und bildet sich über den ein oder anderen
Zeitgenossen eine völlig neue Meinung. Es gibt immer wieder was
Lustiges, Spannendes oder Interessantes zu entdecken und – ja,
okay, - auch mal den ein oder anderen
seelischen/intellektuellen/geistigen Tiefflug.
Und
das Allerschönste sind die Eitelkeiten. Das kann ich beruhigt
schreiben, denn ich bin ja selber bekennender „Let me entertain
you-Facebook-Freak“. Wenn jemand etwas mag, was ich gepostet habe,
dann freue ich mich. Wurscht, ob es mir mit einem blauen Daumen oder
Tage später in einer Kneipe mitgeteilt wird.
Ich mache keinen
Seelenstriptease und poste auch nicht jedes Essen. Drollig finde ich
es allerdings, wenn Menschen ihre Fotos mit No-Filter-Ansage
garnieren, auf denen sie vor lauter Photoshop gar nicht mehr zu
erkennen sind. Ähnlich unterhaltsam, aber eher angezickt kommen dann
Texte wie „Mir sind Likes- und Komplimente, im Gegensatz zu dir,
total unwichtig“ rüber. Woraufhin dann ebenfalls bis zum Umfallen
Bilder von Hund, Kind, Haus, Auto, Katz, Maus, Mann, Liebhaber und
eigenem reichlich bearbeitetem Konterfei hochgeladen werden. Genau
diese Leute sitzen dann vorm Rechner, warten was passiert und nehmen
bei zuwenig Zuspruch rasch noch eine Handvoll ihrer Antidepressiva.
Was hätte ich alles gemacht,
wenn es schon vor dreißig Jahren losgegangen wäre mit der Posterei?
Hätte ich alle Ver- und Entlobungen, Eheschließungen,
Namensänderungen mitgeteilt? Die Geburten von Sohn und Tochter in
einer Live-Schalte übertragen? Die Likes und „Pressen! Du schaffst
es!“-Kommentare mit Hilfe der Hebamme beantwortet? Ich weiß es
nicht. Zumindest wäre mir eine Menge entgangen. Statt ständig den
Blick aufs Handy zu haben, kam bei mir Natur und mein Umfeld noch
völlig ungefiltert und lebensnäher an. Es war auch von Vorteil, auf
dem Spielplatz erstmal nach dem Kind zu schauen, wenn es von der
Schaukel fällt, anstatt zuerst das Geheule per Snapchat zu übertragen.
Ich habe weniger geteilt, dafür
mehr für mich behalten. Und das beste ist: Ich habe es nicht durch
einen kleinen Monitor zur Kenntnis genommen.
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