Montag, 6. Februar 2017

329. Akt 

Vor ein paar Tagen, habe ich es mir mal wieder so richtig gegeben. Beauty and grace in Vollendung. Manche betrachten den Contest auch als ein Probetraining für den Kurs „Wie winke ich mir anmutig eine Sehnenscheidenentzündung“. 
Natürlich meine ich die Wahl zur Miss Universe.
Jede der Damen präsentiert sich in Abendkleid und Bademode und wird mit tiefschürfenden Anmoderationen präsentiert. Ein bisschen verblüffend finde ich, dass hierbei familiäre Todesfälle ebenso in die Moderationen integriert werden, wie ein abgeschlossenes Studium in Mikrobiologie. Beide Themen werden mit anmutigem Lächeln und liebevollem Winken in Richtung Publikum gewedelt. Die Damen singen in Kirchen, fahren – wenn sie rebellisch sind – auch mal mit dem Motorrad, sammeln Spenden für den örtlichen Katzenverein oder lieben es Puzzle zusammenzusetzen. Von brillanten Hochschulabsolventen bis stolzen Fußpflegestudio-Besitzerinnen ist alles dabei. Die Kleider versetzen mich in Schnappatmung, aber die Interviews amüsieren mich nur leidlich. Ich warte darauf, dass mal eine kommt, die sagt: „Hallöchen! Ich habe drei abgebrochene Studiengänge hinter mir, übersetze das Kamasutra in sieben Sprachen und habe soeben den Kamera-Assistenten hinter der Bühne flachgelegt.“ Dann müsste sie sanftmütig wie die anderen ins Publikum winken und abtreten. Aber sowas passiert ja nur in meiner kranken Phantasie. Am Ende gewinnt die Frau, die mir auch am allerbesten oder zumindest sehr gut gefällt.
Jedes Mädchen möchte Miss Universe sein“, sagt sie. Sie kommt aus Frankreich, studiert Zahnmedizin und ist so, wie die anderen Damen auch, wirklich atemberaubend schön. Aber... äh... hmmm... wie kommt sie denn da drauf? Ja, gut, einige Damen haben immer noch ihre Schärpe von der „Miss Baumarkt 1988“-Wahl über dem Bett hängen und sind ganz sicher, dass die Zeit seitdem keine Abdrücke am strammen Leib hinterlassen hat. Aber so pauschal alle zu Miss Universe Wünscherinnen zu machen? Nee. Ich glaube nicht. Die meisten sind ja schon froh, wenn sie ihre Ehe mit Henning aus der Buchhaltung über die zehn Jahres-Grenze hinausbringen oder wenn es ihnen gelingt, ihre Schwiegermutter nicht mit der Wickeltasche zu erschlagen.
Ein bisschen tief in die Klischee-Kiste gedrückt fühle ich mich, als die neue Miss Universe in den „Weltfrieden-Modus“ fällt. Für sie ist eine Schärpe nicht nur eine Schärpe, sagt sie. Für sie ist es die Möglichkeit auf das Elend und die Menschen am Rande einzugehen und die Welt ein bisschen besser zu machen. Ja. Schöner Gedanke.
Der Kollege von der „Welt.de/Iconist“ bringt es auf den Punkt.
Wann jemals eine „Miss Universe“ Schlagzeilen mit sozialen Projekten und nicht mit ihrem ebenmäßigen Gesichtszügen gemacht hat? Noch nie. Aber man darf die Hoffnung auch nicht aufgeben.“

Und Recht hat er. Man muss ja auch nicht alles so ernst nehmen. Das wäre ja, als ob man glaube, dass Red Bull wirklich Flügel verleiht und Toffiffee „zusammener“ macht.

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